Evolutionäre Algorithmen verbessern Reifenprofile

Mit Hilfe von evolutionären Algorithmen ist es zwei Entwicklern des Reifenherstellers Continental AG gelungen, Autoreifen sehr viel besser als bislang gegen Aquaplaning zu rüsten.

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Die Profile, die die beiden Reifenentwickler Reinhard Mundl und Jens Hoffmann für das Unternehmen entwickelt haben, sollten den Wagen bei Nässe besser auf der Straße halten. Schon in der ersten Generation entstanden Profile, die bei Nässe eine um rund 120 Prozent höhere Geschwindigkeit als ein völlig profilloser Reifen verkraften, ohne aufzuschwimmen. Zum Vergleich: Der Serienreifen, der als Referenz getestet wurde, schaffte etwas mehr als 115 Prozent.

"Bei der konventionellen Entwicklung wird immer nur ein Parameter, etwa die Breite der Rillen, verändert und dann geschaut, wie sich die Eigenschaften des Reifens verändern. Die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Parametern erfasst man so aber nicht", erklärt Hoffmann den Erfolg der Methode.

Wegen des großen Testaufwands wurde das Projekt aber bereits nach der zweiten Generation abgebrochen. Geplant waren sechs. Die Tests sind so komplex, weil unter anderem die Verformung jedes Profilblocks sowie die Ströme von Luft und Wasser in jeder Rille modelliert werden müssen. "Ich rechne mit einsatzfähiger Simulationssoftware in frühestens zwei bis drei Jahren", sagt Hoffmann. Erst wenn der gesamte Zyklus aus Fortpflanzung, Mutation und Selektion vollständig im Rechner abläuft, werden genetische Algorithmen ihre Kraft richtig auf die Straße bringen können.

Doch die Reifen-Optimierung verweist auf einen interessanten Trend: Die Bionik wächst zu einem wichtigen Entwicklungswerkzeug für Konzerne, vor allem aber auch für mittelständische Unternehmen heran. Autoproduzenten wie BMW, Opel, DaimlerChrysler, aber auch der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS nutzen bereits seit Jahren Programme, die Bauteile wie Bäume und Knochen wachsen lassen. Und das Interesse der Industrie wächst: "Früher haben bei uns eher die Leute aus der Abteilung Zukunftsvisionen angeklopft. Heute sind es häufig die Leiter der Entwicklungsabteilung", sagt beispielsweise Professor Thomas Speck von der Plant Biomechanics Group an der Universität Freiburg.

Siehe dazu auch aus dem Schwerpunkt Bionik in Technology Review 11/2006:

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