Britische Regierung liebäugelt wieder mit Vorratdatenspeicherung

In einem Strategiepapier des Verteidigungsministeriums spricht sich die britische Regierung dafür aus, Sicherheitsbehörden den Zugang zu Telekommunikationsdaten offen zu halten. Angetreten war sie mit anderen Zielen.

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Die britische Regierung will sich offenbar doch nicht ganz von der verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren verabschieden. In einem jetzt veröffentlichten Strategiepapier (PDF-Datei) des Verteidigungsministeriums, in dem es vor allem um umfangreiche Kürzungen des Militärhaushalts geht, spricht sie sich für den weiteren Zugang von Sicherheitsbehörden zu Verbindungs- und Standortinformationen aus.

"Telekommunikationsdaten sorgen für Beweise vor Gericht, um Verurteilungen derjenigen abzusichern, die in Aktivitäten mit großem Schadenspotenzial verwickelt sind", heißt es in dem Konzept. Sie hätten in "jeder größeren nachrichtendienstlichen Anti-Terror-Operation und in 95 Prozent aller Untersuchungen des schweren organisierten Verbrechens eine Rolle gespielt". Das Verteidigungsministerium müsse mit der sich ändernden Technik mithalten können.

Die Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten war im Mai mit dem Versprechen angetreten, die anlasslose Vorratsspeicherung von Internet- und E-Mail-Verbindungsdaten zu beenden. Die Protokollierung von Nutzerspuren in diesem Bereich sei nur noch "mit gutem Grund" durchzuführen, hieß es in der Koalitionsvereinbarung. Zuvor hatte die Ausweitung der einjährigen Vorratsdatenspeicherung durch Telefongesellschaften auf Internetanbieter Proteste ausgelöst

Das neue Sicherheitskonzept stellt nach Ansicht von Beobachtern eine klare Abkehr vom Koalitionsvertrag dar. Jeder Schritt, mehr der sensiblen Kommunikationsdaten anzuhäufen und Befugnisse zu deren Verarbeitung zu verstärken, stelle eine "beträchtliche Kehrtwende" dar, beklagte Isabella Sankey, Direktorin der britischen Bürgerrechtsorganisation Liberty, das Vorhaben gegenüber dem Telegraph. Die Ambitionen einiger Technokraten im Regierungslager dürften aber nicht die Privatsphäre gesetzestreuer Briten mit Füßen treten.

Andere britische Zeitungen machen sich bereits Gedanken darüber, wo die "Verkehrsdaten" gespeichert werden sollen. Am wahrscheinlichsten sei es demnach, dass die Provider selbst zur Aufbewahrung der Informationen verpflichtet würden. Auf keinen Fall solle der bereits von der ehemaligen Labour-Regierung beerdigte "Big-Brother-Plan" wieder aufgewärmt werden, eine zentrale "Super-Datenbank" beim Staat mit allen erfassten Verbindungs- und Standortdaten aufzubauen. (anw)