Neue Kampagne gegen die Vorratsdatenspeicherung

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat die Bürger aufgerufen, eine Videobotschaft an den Bundesinnenminister gegen die geforderte verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren zu senden. Polizeivertreter mahnen dagegen weiter eine solche an.

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Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) hat die Bürger aufgerufen, eine Videobotschaft an Bundesinnenminister Thomas de Maizière gegen die von ihm geforderte verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren zu senden. Unter dem Motto "EinSatz gegen Verbindungserfassung" sollen möglichst viele Menschen dem CDU-Politiker erklären, warum Strafverfolgung nicht die Erfassung jeder Telefon-, Handy-, E-Mail und Internet-Verbindung in Deutschland rechtfertigt, erklärt der Zusammenschluss von Datenschützern und Bürgerrechtlern. Protestbotschaften können bis zum 1. November als Videoaufzeichnung, Tonaufnahme oder telefonisch an den Arbeitskreis übermittelt werden. Aus allen Einsendungen soll ein "gigantisches Protestvideo" zusammengestellt werden.

Anlass für die Kampagne sind jüngste Aussagen de Maizières. Er hatte die Vorratsdatenspeicherung als "Fliegendreck" im Vergleich zu den Datensammlungen großer Internethändler bezeichnet und von einer "Schutzlücke" gesprochen, die entstanden sei, weil das Bundesverfassungsgericht die anlasslose Protokollierung von Verbindungs- und Standortdaten gekippt hatte. Freiheit sei jedoch keine Schutzlücke, meinte hingegen Patrick Breyer vom AK Vorrat. Bei ihrer Jagd auf die 0,1 Prozent aller Straftäter, um die es gehe, verlören die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung aus den Augen, "dass eine unprotokollierte Kommunikation Leben, Gesundheit und Freiheit von weit mehr Unschuldigen schützt". Der Jurist spielt damit etwa auf telefonische Beratungsstellen an, die etwa gewalttätige Familienväter oder Pädophile anonym überzeugen könnten, sich einer Therapie zu unterziehen, oder Jugendliche von Amokläufen abhielten.

Unterdessen hat Carsten Biesok, Rechtsexperte der Liberalen im sächsischen Landtag, laut Lausitzer Rundschau erklärt, dass "eine Neuauflage des Gesetzes gleich welcher Form mit uns nicht zu machen ist". Der tiefe Eingriff ins Persönlichkeitsrecht durch die Datenanhäufung sei durch deren geringen Nutzen nicht zu rechtfertigen. Zuvor hatte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) gemeinsam mit Kollegen aus anderen neuen Bundesländern Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gedrängt, umgehend einen "europarechts- und verfassungskonformen" Gesetzentwurf vorzulegen.

Polizeivertreter mahnen weiter nachdrücklich eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung und weitere Maßnahmen zur Regulierung des Internets an. "Frei zugängliche Möglichkeiten der Kryptierung, der Steganografie und Anonymisierung sowie die Verschleierung von IP-Adressen lassen klassische polizeiliche Ermittlungsinstrumente immer mehr ins Leere laufen", beklagte etwa Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) in einer Rede (PDF-Datei) während der Herbsttagung der Polizeibehörde Mitte der Woche in Wiesbaden. (anw)