Neue Kritik am BKA-Einsatz fürs Löschen von Kinderpornos

Vertreter fast aller Bundestagsfraktionen monieren, dass das Bundeskriminalamt seinen neuen Schwerpunkt "Löschen statt Sperren" mit nur sechs Stellen vorantreibe, und fordern ein konsequenteres Vorgehen.

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Vertreter fast aller Bundestagsfraktionen monieren, dass das Bundeskriminalamt (BKA) seinen neuen Schwerpunkt "Löschen statt Sperren" halbherzig vorantreibe, und fordern ein konsequenteres Vorgehen gegen Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs im Netz. "Die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet hat höchste Priorität", betonte etwa der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt. "Deshalb ist es nicht nachvollziehbar, weshalb das BKA von über 5000 Beschäftigten gerade mal sechs Stellen für das Löschen von kinderpornographischen Inhalten im Internet besetzt." Einen Grund für die fehlende "umfassende Löschstrategie" vermutet der Liberale in der vom BKA "zuletzt betriebenen Kampagne zur Vorratsdatenspeicherung". Diese sei "offenbar so zeit- und personalintensiv", dass Kernaufgaben hintenanstünden.

Stein des Anstoßes: Das Bundesinnenministerium hatte vor einer Bundestagsanhörung auf eine Anfrage der Linken erstmals die Personallage beim BKA im Bereich der Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern verdeutlicht. Demnach verfügt das Referat "Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen" über 23,3 volle Stellen. Für das neue "Lösch-Programm" würden "6,3 Vollzeitäquivalente" eingesetzt.

Zu den Aufgaben der übergeordneten Einheit zählten auch die Beobachtung "von Distributionswegen via Mobiltelefonie und klassischem Postversand" sowie das Vorgehen gegen den eigentlichen Missbrauch unabhängig von deren Darstellung, ergänzten die Linken. Generell machten sich Innenministerium und BKA weiterhin vehement für "die Errichtung einer Sperrinfrastruktur auch in Deutschland" stark. Dabei handle es sich aber um eine Scheindebatte, hieß es im Büro der Abgeordneten Petra Sitte. Es würden nur wenige Missbrauchsfälle bildlich dokumentiert, die überwiegende Mehrheit davon nicht im Web. Die Forderung nach Blockaden von Webseiten beziehe sich so nur auf einen "Promille-Anteil eines sehr großen Problems".

Für Lars Klingbeil, den netzpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, machen die bekannt gegebenen Zahlen deutlich, "wie wichtig eine konsequente Löschstrategie ist". Notwendig sei eine bessere technische und personelle Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden wie auch der Beschwerdestellen und Selbstkontrolleinrichtungen, erklärte der Sozialdemokrat gegenüber heise online. Sein Fazit: "Löschen ist erfolgreich – wenn man es richtig macht." Auch seinem Kollegen bei den Grünen, Konstantin von Notz, erscheinen die sechs Stellen gerade angesichts des Stellenwerts der Kinderpornographiebekämpfung "verschwindend gering". Es müsse bezweifelt werden, ob damit das von Schwarz-Gelb "angeblich verfolgte Konzept 'Löschen vor Sperren' gelingen" könne. Man werde beim BKA abfragen, wie viel Personal für andere Kriminalitätsbereiche eingeplant sei.

Thomas Jarzombek, der für die CDU/CSU-Fraktion im Unterausschuss Neue Medien sitzt, führte gegenüber heise online dagegen aus, dass alles auch eine Budgetfrage sei. Für einen Aufschrei eigne sich die Ressourcenaufteilung beim BKA nicht. Es sei zunächst wichtig, rasch das von der Polizeibehörde, Selbstkontrolleinrichtungen der Internetwirtschaft und der Landeseinrichtung jugendschutz.net skizzierte "Harmonisierungspapier" zu vereinten Löschanstrengungen zu unterzeichnen und in Kraft zu setzen. Damit werde es auch eine gemeinsame Statistik zu Erfolgen des derzeitigen Koalitionsprinzips geben, sodass die Evaluierung im Frühjahr auf einer guten Datenbasis abgeschlossen werden könne. Dann werde auch im Rahmen einer Gesamtstrategie sehen, welche konkreten Aufgaben dem BKA beim Löschen von Kinderpornos noch zukämen und wie sich die Wirtschaft und die EU finanziell einbrächten. (anw)