EU-Parlament begrüßt Anti-Piraterie-Abkommen ACTA

Die Abgeordneten haben mit knapper Mehrheit eine Entschließung auf Initiative der konservativen Fraktionen angenommen, mit der sie das Anti-Counterfeiting Trade Agreement als Instrument zur besseren Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern bezeichnen.

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Mit knapper Mehrheit hat das EU-Parlament auf Initiative der konservativen Fraktionen am heutigen Donnerstag das geplante Anti-Piraterie-Abkommen ACTA als Instrument zur besseren Durchsetzung von Rechten an immateriellen Gütern begrüßt. Das Abkommen sei gut für Rechteinhaber, die auf dem Weltmarkt gegenwärtig "unter systematischen und weit verbreiteten Verstößen" gegen ihre Urheber-, Marken- oder Patentrechte zu leiden hätten, heißt es in der Resolution. Die Abgeordneten betonen insbesondere die Bedeutung des Schutzes geographischer Herkunftsangaben wie "Champagner" oder "Spreewald-Gurken" für europäische Unternehmen und "würdigen" die Bemühungen der EU-Kommission, die entsprechende Klausel gegen heftigen Widerstand anderer Vertragsparteien in die Vereinbarung aufnehmen zu lassen.

Das Parlament weist darauf hin, dass die Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie "eine Priorität seiner internen und internationalen politischen Strategie" sei und die internationale Zusammenarbeit entscheidend dazu beitrage, dieses Ziel zu erreichen. Zwar werde ACTA das komplexe und vielschichtige Problem nicht lösen. Es stelle aber einen "Schritt in die richtige Richtung" dar. Die Entschließung geht im Gegensatz zu vielen Kritikern davon aus, dass ACTA am Rechtsbestand der EU im Bereich "geistiges Eigentum" nicht ändere, weil die entsprechenden Vorschriften hier bereits "deutlich weiter entwickelt" seien. In diesem Sinne erwähnt die Bürgervertretung lobend, dass der Abschnitt zu Strafvorschriften zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern als "Kann-Bestimmung" ausgestaltet werden soll. Der Entwurf für eine entsprechende EU-Richtlinie liegt derzeit auf Eis.

Zufrieden sind die Unterstützer der Resolution mit den wiederholten Erklärungen der EU-Kommission, wonach die Umsetzung der ACTA-Bestimmungen aus dem besonders umkämpften Internetkapitel keine Personendurchsuchungen an den Grenzen oder die Einführung eines Systems der abgestuften Erwiderung auf Copyright-Verstöße einschließlich eines "Three Strikes"-Verfahrens erforderlich machten. Die Abgeordneten betonen hier noch einmal, dass das Abkommen die Unterzeichner nicht ermächtigen dürfe, Internetsperren oder ähnliche Ansätze im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen einzuführen. Zugleich fordern sie eine Bestätigung der Kommission, dass eine Implementierung von ACTA "keine Auswirkungen auf die Grundrechte und den Datenschutz, die laufenden Bemühungen der EU, die Maßnahmen zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums zu harmonisieren, und den elektronischen Geschäftsverkehr haben" werde.

Keine Mehrheit fand der Entwurf (DOC-Datei) für eine alternative Resolution, auf die sich Sozialdemokraten, Grüne, Linke und Teile der Liberalen im Vorfeld geeinigt hatten. Er forderte unter anderem eine rechtliche Untersuchung der Machbarkeit der von ACTA angestrebten verstärken "Kooperation" zwischen Rechteinhabern und Internetprovidern ein. Die Kommission und der EU-Rat hätten zudem eine Definition des Begriffs des "gewerblichen Ausmaßes" liefern sollen, der derzeit als Maßstab zur Kriminalisierung von Rechtsverletzungen herangezogen werden soll und gerade bei der Tauschbörsen-Nutzung viele Fragen offen lässt. Die Fraktionen beklagten zudem, dass ACTA außerhalb der bestehenden multilateralen Foren wie der Weltorganisation für geistiges Eigentum festgezurrt worden sei.

Jérémie Zimmermann, Sprecher der Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net, hat das Ergebnis der Abstimmung als "schweren Schlag" für die Nutzer gewertet. Es zeige, dass die Konservativen ACTA bei der noch ausstehenden Abstimmung über das Abkommen durchwinken könnten. Der grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht monierte, dass die Entschließung der Kommission einen "Blanko-Schick" ausstelle. Die im Vorfeld von vielen Experten und Parlamentariern geäußerten Bedenken, der Vertrage könnte Bürgerrechte und einen freien Zugang zu Informationen und Medikamenten gefährden, seien ausgeblendet worden. Die Grünen wollen daher eine rechtliche Klarstellung durch den Europäischen Gerichtshof einfordern. (vbr)