Microsoft bereitet Start von Bing Streetside in Deutschland vor

Der Softwarekonzern will im nächsten Jahr seinen Straßenansichtdienst in europäischen Ländern ans Netz bringen, vorher aber noch Datenschutzfragen klären. Ein öffentlicher Aufschrei wie bei Google Street View soll vermieden werden.

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Microsoft will im nächsten Jahr den Straßenansichtdienst Bing Streetside in europäischen Ländern ans Netz bringen. Das kündigte Severin Löffler, Leiter Recht und Politik bei Microsoft Deutschland, gegenüber heise online an. Vorher seien aber noch einige Datenschutzfragen zu klären, um langwierige öffentliche Diskussionen zu vermeiden. Zuvor hatte die Ankündigung des Deutschlandstarts von Google Street View zu heftigen Auseinandersetzungen und zahlreichen Widersprüchen geführt.

"Wir haben den Dienst Datenschützern in europäischen Ländern vorgestellt und diskutieren darüber", sagte Löffler. Die Gespräche verliefen "in der Regel sehr konstruktiv", sodass man "auf einem guten Weg" sei. Neben den rechtlichen seien "auch noch technische Anpassungen" gegenüber den bereits laufenden Versionen für die USA und Kanada zu machen.

Instrumente zur Sicherung der Privatsphäre der Betroffenen in den Panoramadienst frühzeitig einzubauen sei zeitaufwendig, räumte Löffler ein. "Andererseits bringt es uns nichts, ein Produkt herauszubringen, dem die Nutzer nicht vertrauen", konstatierte der Jurist. Dabei sollen die Prinzipien des Datenschutzkodex für die Anbieter von Geodaten-Diensten einfließen, die derzeit von der Branchenvereinigung Bitkom ausgearbeitet werden und vor dem nationalen IT-Gipfel Anfang Dezember präsentiert werden sollen.

Löffler begrüßte die Ansage von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), einerseits auf die Selbstregulierung der Wirtschaft zu setzen und andererseits eine "rote Linie" gegen schwerwiegende Persönlichkeitsverletzungen gesetzlich vorgeben zu wollen. Auch die vom Innenminister aufgegriffene Idee, den Datenschutz im Netz mit einem "digitalen Radiergummi" verbessern zu wollen, bezeichnete der Microsoft-Vertreter als theoretisch "sehr spannend"; sie sei aber nur "technisch sehr aufwändig und teuer" umsetzbar.

Vor der Microsoft-Zentrale am Microsoft Way in Redmond

(Bild: maps.bing.com)

In der anlaufenden Debatte um die Novellierung der allgemeinen EU-Datenschutzrichtlinie appellierte Löffler an Brüssel, vor allem "Nutzerinteressen wie Transparenz und Möglichkeiten zur Datenkontrolle" stärker zu berücksichtigen. Die Nutzer müssten aber noch mehr aufgeklärt werden und mehr Mediekomptenz erhalten. Microsoft legt laut Löffler gesteigerten Wert darauf, Datenschutz nach dem Prinzip "Privacy by Design" in Produkte zu integrieren. Als Beispiel nannte er das neue Handy-Betriebssystem Windows Phone 7, bei dem der Nutzer genau einstellen könne, wann er die Angabe des Standortes nutzen will.

WLAN-Informationen, die bei der Nutzung entsprechender Dienste anfallen, würden "nicht an jeder Kreuzung", sondern nur bei konkreten Anwendungen erhoben. Damit werde Bewegungsprofilen vorgebeugt. "Wir sammeln wesentlich weniger Daten als unsere Wettbewerber", betonte das Mitglied der Microsoft-Geschäftsführung. "Das stärkt aber unsere Glaubwürdigkeit." Wenn ein Anbieter erst einmal das Vertrauen der Nutzer verloren habe, sei es schwer, es wiederzugewinnen. Bei komplexen, größtenteils im Hintergrund laufenden Prozessen der Datenverarbeitung seien daher Gütesiegel sinnvoll, um Akzeptanz zu erzeugen.

Nicht vorpreschen will Microsoft nach Angaben Löfflers bei der echten Anonymisierung von Suchanfragen, wie sie die europäischen Datenschutzbeauftragten fordern. Hier müsse es gleiche Bedingungen für alle geben. Schon jetzt trenne Microsoft aber die Suchergebnisse von Nutzerdaten. Als "ausreichend" bezeichnete Löffler die bestehende transatlantische "Safe-Harbor"-Vereinbarung. Sie soll garantieren, dass personenbezogene Daten, die von Europa aus an US-Unternehmen übermittelt werden, dort nach den höheren EU-Datenschutzstandards verarbeitet werden. Das Abkommen sei zwar "ins Gerede gekommen, weil sich einzelne Unternehmen nicht daran gehalten haben". Das Gros der Firmen tue dies aber. Es könne jedoch nicht schaden, die Kontrollmöglichkeiten zu erhöhen. Globale Datenschutzbestimmungen hält Severin derzeit nicht für realistisch. Gerade die Deutschen müssten generell und insbesondere beim Cloud Computing darauf achten, "dass wir hier nicht zu streng werden und Leute ins Ausland abwandern, wie es zum Beispiel im Fall Jugendschutz passiert ist". (anw)