132 Millionen Euro für schärfere Überwachungsmaßnahmen freigegeben

Der Haushaltsausschuss im Bundestag hat grünes Licht für ein neues Programm zur Stärkung der Inneren Sicherheit gegeben. Minister Schäuble will terroristische Tendenzen unter anderem durch eine intensivere Überwachung von Online-Foren bekämpfen lassen.

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Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble am gestrigen Donnerstag grünes Licht für das umstrittene Programm zur Stärkung der Inneren Sicherheit gegeben. Ausgerüstet mit insgesamt 132 Millionen Euro will der CDU-Politiker nun etwa terroristische Bestrebungen durch eine schärfere Überwachung von Online-Foren besser bekämpfen. Mit der Initiative werde "der fortbestehenden Bedrohungslage durch den Ausbau der operativen und der einsatz- und ermittlungsunterstützenden Instrumentarien beim Bundeskriminalamt, der Bundespolizei, beim Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik wirksam und entschlossen entgegen", erklärte Schäuble. Das Programm erstrecke sich auf die Jahre 2007 bis 2009 mit zusätzlichen Investitionen in die genannten Sicherheitsbehörden von jährlich 44 Millionen Euro.

Angesichts der versuchten Kofferbombenanschläge auf Regionalzüge im Sommer müssen dem Innenminister zufolge "mögliche Tatvorbereitungen bereits im Vorhinein erkannt und verhindert werden." Davon erhofft sich Schäuble auch eine Stärkung des "Sicherheitsgefühls der Bevölkerung". Das viele Geld sei erforderlich, da "die Besonderheiten des islamistischen Täterspektrums und das hohe Gefährdungs- und Anschlagspotenzial an die Sicherheitsbehörden bei der Bewältigung neue und komplexe Anforderungen stellen". Deshalb würden mit dem Sicherheitspaket vor allem für die Erweiterung der Fahndungs- und Aufklärungsmöglichkeiten im Internet sowie für die Sicherung der Kommunikationsinfrastrukturen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt.

Aber auch "luftgestützte Wärmebildkameras an Hubschraubern zum Schutz des Streckennetzes der Eisenbahnen sowie der Einsatz von weiteren Sprengstoffspürhunden" sollen den Schutz an Verkehrsknotenpunkten vor möglichen Anschlägen verstärken. Darüber hinaus will Schäuble unter anderem am Frankfurter Flughafen Reisende aus "Problemstaaten" lückenlos mit Hilfe biometrischer Videoüberwachung im Auge behalten.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte seinem Kabinettskollegen für die nächsten drei Jahre die gewünschten Millionen für das Programm bereits vorab zugesichert. Wichtiger Teil des Initiative ist die Einrichtung der "Internet Monitoring und Analysestelle" (IMAS) am Gemeinsamen Terror-Abwehr-Zentrum von Polizei und Nachrichtendiensten (GTAZ) in Berlin. Allein 30 Millionen Euro sollen dort angeblich für neue Hardware ausgeben werden, mit der sich auch die Internet-Telefonie und geschlossene Chaträume anzapfen lassen. Die neue Überwachungstruppe hat zunächst die Aufgabe, mehr Transparenz in die dschihadistischen Netzumtriebe zu bringen. Sie soll auch Wege finden, um Hetzpropaganda und Anleitungen zum Bombenbau aus dem Cyberspace zu verbannen. Ob Schäuble ähnlich wie der nordrhein-westfälische Innenminister Ingo Wolf (FDP) dem Verfassungsschutz etwa auch verdeckten Zugriff auf "Festplatten" und andere "informationstechnische Systeme" im Internet geben will, ist noch unklar.

Oppositionspolitiker insbesondere von der Linkspartei und der FDP im Bundestag hatten sich bei einer Vorstellung des Sicherheitsprogramms im Innenausschuss des Parlaments skeptisch über dessen Tragweite und Wirksamkeit gezeigt. Der Innenexperte der Linken, Jan Korte, forderte etwa, dass die Rechtsgrundlage derartiger Vorhaben öffentlich "unzweideutig geklärt wird". Er sprach von einem "Gruselkabinett", da davon die Rede sei, "private PC zu hacken" und umfangreiche Datenbanken anzulegen. Auch grüne Politiker zeigten sich verunsichert über die massive Aufrüstung der Netzüberwacher.

Haushaltspolitiker von Schwarz-Rot hielten die veranschlagten Summen dagegen für angemessen. Der Innenexperte der SPD, Dieter Wiefelspütz warb ferner jüngst in einem Interview für das vielfach kritisierte Gesamtprogramm der großen Koalition zur Terrorismusbekämpfung, zu dem unter anderem die Einrichtung der besonders umstrittenen Anti-Terror-Datei sowie das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) gehört. Man gehe "mit Augenmaß" vor, mache "intelligente" und "umsichtige" Vorschläge. Den "Reflex, wir sind ein Überwachungsstaat oder so etwas", hält Wiefelspütz "für völligen Unfug". Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) zeigte sich ebenfalls zufrieden, dass Schäuble seine Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus kontinuierlich fortsetze. (Stefan Krempl) / (pmz)