Krankheit von Steve Jobs rückt Apple-Management ins Rampenlicht

Kaum sind die neuerlichen Gesundheitsprobleme des charismatischen Firmengründers bekannt, wird wieder über den potenziellen Nachfolger spekuliert. Apple hat zwar eine lange Ersatzbank talentierter Spezialisten, aber keinen vollwertigen Ersatz.

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Von
  • Christoph Dernbach
  • dpa

Steve Jobs, der charismatische Gründer von Apple, steht wie kein zweiter Firmenchef für den Erfolg seines
Unternehmens. Aber wer außerhalb der Szene kennt Tim Cook, Jony Ive, Scott Forstall, Ron Johnson oder Phil Schiller, ­ die Apple-Manager aus der zweiten Reihe? Aufgrund der Gesundheitsprobleme, die Jobs erneut zu einer Auszeit zwingen, kommt wieder einmal die Frage nach einem Nachfolger auf. Könnte jemand aus dieser Riege die Aufgabe übernehmen?

Der Wiederaufstieg von Apple nach der Rückkehr von Steve Jobs 1997 war jedenfalls nicht nur das Werk von "His Steveness", wie Steve Jobs manchmal ironisch bezeichnet wird, sondern das Ergebnis einer
erfolgreichen Teamarbeit. Tim Cook (50), der nun für die Auszeit von Steve Jobs wieder das Ruder übernommen hat, räumte beispielsweise Ende der 90er Jahre bei Apple mit dem Chaos in den Produktionsabläufen auf. Die Kalifornier waren bis dahin dafür berüchtigt, besonders populäre Produkte nicht liefern zu können. Aber nicht nur Nachschubschwierigkeiten wurden von Cook weitgehend beseitigt. Der ehemalige Compaq-Manager bekam auch das Problem mit viel zu optimistischen Absatz-Prognosen für weniger populäre Produkte in den Griff, die in der Vergangenheit immer wieder zu enormen Abschreibungen auf nicht verkaufbare Haldenbestände geführt hatten. Cook optimierte in den vergangenen 13 Jahren jedes Detail der Produktionskette, doch als Ikone für Apple taugt der eher spröde auftretende Manager nicht. Auch für die Rolle des Kreativen mit visionären Ideen ist Cook keine Bestbesetzung.

Schwergewichte im Apple-Management sind neben Cook die Branchenveteranen Phil Schiller (50) und Ron Johnson (55). Aber auch sie können die Position von Jobs nicht ausfüllen. Schiller hat als quirliger Marketingchef zwar schon häufiger bei wichtigen Produktvorstellungen die Hauptrolle eingenommen. Er kann aber auf der Bühne nur die Dinge verkaufen, die Steve Jobs mit seinen Vertrauten entwickelt hat. Ron Johnson organisierte bei Apple die Vertriebswege neu und sorgte dafür, dass der Konzern seine Produkte kommerziell äußerst erfolgreich in eigenen Läden präsentieren kann. 323 Apple Stores gibt es inzwischen weltweit, darunter auch in München, Hamburg, Frankfurt, Oberhausen und demnächst auch in Berlin und Dresden. Wie Schiller ist aber auch Johnson ein Verkäufer und kein charismatischer Anführer.

Die beiden jüngsten Figuren im Management-Team, der Designer Jony Ive (43) und Scott Forstall (41), der für die iPhone-Softwareentwicklung verantwortlich ist, kommen diesem Ideal dagegen schon näher. Insbesondere Jony Ive tickt ähnlich wie Steve Jobs und teilt seine Vorliebe für klares und minimalistisches Design. Die US-Zeitschrift Fortune erklärte Ive kürzlich zum "smartesten Designer der Welt". Im Gegensatz zu seinem Entdecker und Chef Steve Jobs scheut der in London geborene Ive aber das Rampenlicht. Interessierte Apple-Kunden kennen seinen kahlgeschorenen Schädel vor allem aus Videos, in denen der Brite sein Design des iPhones oder des iPads anpreist. Auftritte vor Publikum, bei denen Jobs zur Höchstform aufläuft, sind dem durchtrainierten Ive dagegen ein Gräuel.

Im Team hinter Steve Jobs befindet sich also kein Ideal-Kandidat, der wie Jobs die Produktentwicklung bei Apple detailversessen und visionär vorantreiben könnte und in Personalunion die Rolle einer "Seele der Firma" und des charismatischen Chef-Verkäufers ausfüllen könnte. Vor diesem Hintergrund schiebt auch der Aufsichtsrat von Apple eine öffentliche Bekanntgabe eines möglichen Nachfolgers so weit wie möglich hinaus: Niemand im Apple-Board kann sich mit dem Gedanken anfreunden, dass Jobs durch seine Krankheit in absehbarer Zeit gezwungen wird, das Ruder bei Apple für immer aus der Hand zu geben. (lbe)