Provider gegen Vorratsdatenspeicherung light

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hält nichts von "Quick Freeze Plus", da er "explodierende Anfragen" der Ermittler bei den Zugangsanbietern erwartet und damit verknüpfte "immense Folgekosten".

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Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hält nichts von einem Verfahren "Quick Freeze Plus", das unter anderem Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar jüngst in unterschiedlichen Abstufungen vorgeschlagen haben. Anfragen der Strafverfolger bei den Zugangsanbietern könnten enorm zunehmen und "immense Folgekosten" entstehen, meinen die Provider. Die Wirtschaftspolitik müsse innovative deutsche Branchen vor solchen "unglaublichen und überflüssigen Belastungen schützen".

Verkehrsdaten wie IP-Adressen sollten bei einer solchen Vorratsdatenspeicherung light "nicht sechs Monate, sondern im Wochenbereich gespeichert werden", erläuterte der eco-Vorstandsvorsitzende Michael Rotert die Haltung des Verbands am gestrigen Donnerstag in Berlin. Polizeidienststelle könnten aber bei jedem Verdacht die Daten vorsichtshalber einfrieren lassen, bevor sie weg sind – egal ob sie später gebraucht würden. So müssten Provider würden erneut unverhältnismäßig als Hilfssheriffs herhalten.

In der Zeit, in der die Zugangsanbieter zur verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren für sechs Monate gezwungen gewesen seien, hätten die Ermittler "weniger schwere Verbrechen" aufklären können als ohne dieses Instrument, erläuterte Rotert. Trotzdem werde die Datenspeicherei jetzt so angepriesen, als ob Verbrechensbekämpfung ohne sie "gar nicht mehr möglich" sei. Je länger das Thema diskutiert werde, desto "abstruser" würden die Ideen dazu.

Schaar bezeichnete das "Einfrieren" von Verbindungs- und Standortdaten im Verdachtsfall nebst einer zusätzlichen pauschalen Vorhaltung dieser Nutzerspuren für mehrere Tage derweil in einem Interview mit der Berliner Morgenpost zum Europäischen Datenschutztag als "sehr viel geringeren Grundrechtseingriff als die Vorratsdatenspeicherung". Der Datenschützer begrüßte daher die Initiative der Justizministerin für eine "wenige Tage umfassende Speicherungsverpflichtung", da diese den Argumenten der Strafverfolger Rechnung trage und die Bürgerrechte wahre.

Hans-Jörg Albrecht, Direktor am Max-Planck-Institut für Strafrecht in Freiburg, hält die "Quick-Freeze"-Methode für praktikabel, das Modell funktioniere in einigen Ländern, erklärte der Kriminologe. In den USA dürften Ermittler rasch auf Verbindungsdaten zugreifen und müssten erst im Nachhinein eine Richtergenehmigung einholen. Außerdem sei bei dem Verfahren verfassungsrechtlich nicht einzuwenden. Albrecht war der EU-Kommission vor, den Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung unterschätzt zu haben und sich mit der laufenden Evaluation der EU-Vorgaben angesichts einer fehlenden Datenbasis aus den Mitgliedsstaaten schwer zu tun. Nach wie vor sei ungeklärt, ob die Datenspeicherei überhaupt mit der europäischen Grundrechtecharta vereinbar sei. (anw)