Irrtum beim Kauf: Wann der Kaufvertrag angefochten werden darf

Hat der Kunde einen Kauf- oder Dienstleistungsvertrag abgeschlossen, muss auch er seinen Teil der Vereinbarung einhalten. Allerdings gesteht der Gesetzgeber dem Käufer auch Ausnahmen zu, die einen Rücktritt bzw. eine sogenannte Anfechtung des Vertrages erlauben.

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Von
  • Marzena Sicking

Wer Waren oder Dienstleistungen im Versandhandel einkauft, kann in der Regel auch noch nach Lieferung der Ware von seinem Widerrufsrecht gebrauch machen. Anders sieht es in den meisten Fällen aus, wenn der Kunde in den Laden kommt und hier eine Ware kauft bzw. einen Vertrag unterschreibt. Doch auch hier hat der Käufer noch eine Chance, sich aus einem bestehenden Vertrag zu lösen, nämlich über die sogenannte "Anfechtung" des Vertrages.

Allerdings ist die Anfechtung nicht mit dem Widerruf vergleichbar. Den anfechten kann man einen Vertrag nur, wenn man sich geirrt hat, den Vertrag aufgrund einer Täuschung oder gar unter Zwang abgeschlossen hat. Das ist rechtlich also schon ein ganz anderes Kaliber, als das Zurückschicken der Ware wegen Nichtgefallen.

So kann ein Vertrag wegen Irrtums angefochten werden. Das allerdings nicht nur vom Kunden, sondern auch vom Händler. Das ist beispielsweise der Fall, wenn im Vertrag versehentlich ein falscher Preis angeboten wird, also z.B. 200 statt 2000 Euro. Dabei ist aber entscheidend, dass sich der Händler in seiner Erklärung geirrt hat, also z.B. einfach verschrieben hat. Wer sich bei seinem Angebot verkalkuliert und später feststellt, dass die Ware doch mehr wert ist oder er den Preis eigentlich nicht halten kann, hat Pech gehabt.

Oder wenn das Angebot mit dem Mengenrabatt versehentlich an einen Kunden geschickt wird, der aus Sicht des Händlers für dieses Angebot noch gar nicht in Frage kommt. Auch Irrtümer, die die "verkehrswesentliche Eigenschaften" einer Ware oder Dienstleistung betreffen, erlauben eine Anfechtung. Das sind wichtige Produkteigenschaften, also wenn das bestellte Auto ein Cabrio sein soll, es aber nicht ist.

Wer einen Vertrag wegen Irrtums anfechten will, sollte allerdings nicht damit warten, bis die Ware übergeben wird. Denn in vielen Fällen hat man dann seine Chance bereits verwirkt. Ein Vertrag muss wegen Irrtums angefochten werden, sobald der Irrtum erkannt worden ist. Der Gesetzgeber gesteht der jeweiligen Partei noch eine kurze Bedenkfrist zu, weil er davon ausgeht, dass der Irrtum vielleicht noch geprüft werden muss. Hier geht es in der Regel aber um Tage und nicht um Wochen.

Ein Vertrag kann auch wegen arglistiger Täuschung angefochten werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Verkäufer wissentlich Mängel eines Produkts verschweigt oder Eigenschaften zusichert, die die Ware nachweislich nicht hat. Auch wenn der Verkäufer dem Kunden droht oder ihn anderweitig massiv unter Druck setzt und so zu einer Unterschrift nötigt, kann dieser den Vertrag anschließend anfechten. Hier gelten deutlich längere Fristen: Eine Anfechtung wegen Täuschung kann binnen eines Jahres erfolgen.

Kann der Kunde oder Anbieter die Anfechtung durchsetzen, wird die Sache so behandelt, als ob der Vertrag nie zustande gekommen wäre. Vorsicht: Eine erfolgreiche Anfechtung schließt nicht aus, dass der Vertragspartner Schadensersatz verlangen kann.

Bitte beachten Sie: Dieser Beitrag dient nur der allgemeinen Information zu diesem Thema. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Rechtsgültigkeit für individuelle Fälle. Sollten Sie juristische Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an einen Anwalt Ihres Vertrauens. (Marzena Sicking) / (map)
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