And the loser is...

...im Smartphone-Markt zur Stunde Nokia. Und in einigen Jahren vielleicht Apple?

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Niels Boeing

Ich erinnere mich noch gut an Zeiten, als fast jeder um mich herum ein Nokia-Handy mit dieser komischen Löffelform hatte. Das ist zwar längst nicht mehr so. Als Nokia-Chef Stephen Elop aber vor einer Woche das einstige Vorzeige-Unternehmen der mobilen Welt mit einer brennenden Bohrinsel verglich, stutzte ich doch kurz. Mit 461,3 Millionen verkauften Handtelefonen 2010 liegt Nokia noch weit vor Samsung (281,1 Millionen) und LG (114,2 Millionen).

Natürlich brennt es nicht bei absoluten Verkäufen, sondern im Zukunftsmarkt: Der Marktanteil von Smartphones mit Nokias Betriebssystem Symbian befindet sich im Sturzflug. Das zeigt zumindest die Entwicklung der Marktanteile unter den großen Smartphone-Betriebssystemen in den letzten zwei Jahren (die Zahlen wurden vergangene Woche von Gartner veröffentlicht):

OS 2010 2009
Symbian (Nokia) 37,6 % 46,9 %
Android 22,7 % 3,9 %
RIM 16,6 % 19,9 %
Apple iOS 15,7 % 14,4 %
Windows (Microsoft) 4,2 % 8,7 %

Setzt Android seinen kometenhaften Aufstieg fort, dürfte Symbian/Nokia noch in diesem Jahr den ersten Platz verlieren. Eine Allianz mit Microsoft soll nun den Brand löschen.

Interessanter als den Abstieg von Nokia finde ich allerdings die Position von Apple im Mobil-Spiel. Trotz des leichten Zuwachses hatte ich bei den Zahlen ein Deja Vu – das sich als Täuschung herausstellen kann.

Schon einmal hatte Apple die fortschrittlichste Technik, den coolsten CEO, die besten Kritiken: als es 1984 den Macintosh mit Mac OS und dessen revolutionärem grafischen User Interface herausbrachte. Die jährlichen Zuwachsraten waren in den ersten Jahren beachtlich – 1988 wuchs der Mac-Absatz gar um 65 Prozent gegenüber 1987 –, flauten dann aber ab. Hatte der Marktanteil bei Desktop-Rechnern Mitte der Achtziger noch bei rund 15 Prozent gelegen, war er ein Jahrzehnt später auf unter fünf Prozent gefallen.

Einer der wesentlichen Gründe war bekanntlich das Konzept, Hard- und Software nur als Paket anzubieten und das Betriebssystem nicht an andere Hersteller zu lizenzieren. Microsoft startete ab 1990 mit Windows 3.1 durch, und 1996 war Apple – ohne den lange vorher geschassten CEO Steve Jobs – für Normaluser nur noch eine Legende aus einem anderen Jahrzehnt. Dasselbe Konzept wiederholt Apple nun bei den mobilen Endgeräten (iPhone und iPad): alles aus einer Hand, keine Lizenzen, ein zentralisierter App Store.

Ganz anders das Android-Ökosystem: Apps kann man auf verschiedenen Plattformen beziehen, und die Liste der Hersteller, die Android-Geräte herausbringen, ist bereits ähnlich lang wie die der PC-Produzenten von damals. Android hat zudem gegenüber dem damaligen Windows/MS DOS einen entscheidenden Vorzug: Es ist nicht proprietär, sondern Linux-basiert, also quelloffen.

Ähnlich wie damals Microsoft hat auch Google – das die Entwicklungsfirma Android kaufte – mit einiger Verspätung angegriffen: Android 1.1 kam Anfang 2009 heraus, eineinhalb Jahre nach iPhone OS. Die sagenhafte Zuwachsrate bei Android-Geräten von plus 889 Prozent zwischen 2009 und 2010 relativiert sich sicherlich bei einem Verkauf von 6,8 Millionen im Startjahr 2009 (2010: 67,2 Millionen) und wird sich kaum wiederholen. Und sicher kann man die Situation damals und heute nicht unmittelbar vergleichen (die Interpretation von Marktanteilen ist mit Vorsicht zu genießen). Aber die Parallele zwischen dem Kampf um den PC und dem Kampf um das mobile Endgerät verblüfft mich schon.

Das bedeutet nicht, dass Apple schon bald in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Als eine Art BMW des mobilen Internet wird es wahrscheinlich immer eine betuchte, distinguierte Kundschaft behalten. Doch ich kann mir nicht vorstellen, dass es 2015 im mobilen Internet noch den Ton angibt und eine Börsenkapitalisierung von 330,6 Milliarden Dollar hat. Und ein drittes Mal wird Steve Jobs den Laden wohl nicht mehr nach oben reißen können.

Vielleicht wäre es an der Zeit, dass Apple mit seiner "Closed Shop"-Philosophie bricht und seine Plattform öffnet. (nbo)