Novell beschwört die Open-Source-Gemeinde

Vor dem Hintergrund der Kooperation mit Microsoft beschwört Novell-CEO Ron Hovsepian in einem Offenen Brief an die Open-Source-Gemeinde gemeinsame Ziele. Microsoft meint, man sei sich mit Novell einig, in der Frage von Patenverletzungen uneinig zu sein.

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Die seit kurzem verpartnerten Unternehmen Novell und Microsoft haben jeweils eine Erklärung zu ihrer Kooperation herausgebracht. Novell-CEO Ron Hovsepian sieht sich durch jüngste Äußerungen etwa von Microsoft-Chef Steve Ballmer herausgefordert: In einem Offenen Brief an die Open-Source-Gemeinde will er klarstellen, dass die Vereinbarung mit Microsoft nicht das Eingeständnis einschließe, dass Linux irgendeines der geistigen Eigentümer Microsofts verletze. "Als wir der Patent-Kooperation einwilligten, hat Novell damit nicht eingeräumt, dass Linux oder irgendein anderes Novell-Produkt Microsoft-Patente verletzt", heißt es in dem Brief. Damit weist Hovsepian Äußerungen von Microsoft-Chef Steve Ballmer zurück, der vergangene Woche offen behauptete, Linux nutze geistiges Eigentum seines Unternehmens.

Hovsepian antwortet auch auf Kritik aus der Open-Source-Welt an dem Patentabkommen mit Microsoft. Das Unternehmen hält nach eigenen Aussagen an seiner bisherigen Haltung zu Softwarepatenten fest und versichert gegenüber der Open-Source-Gemeinde seine weiterhin uneingeschränkte Unterstützung. Novell weist darauf hin, dass sich das Unternehmen gegen eine Softwarepatent-Richtlinie in Europa ausgesprochen habe. Vergangenes Jahr habe Novell mit anderen Unternehmen das Open Invention Network zur Patent-Abwehr mitgegründet. Zusammen mit dem US-amerikanischen Patentamt arbeite Novell daran, die Zahl "schlechter Patente" im Software-Bereich zu reduzieren.

Die Erklärung des Redmonder Softwareriesen fällt etwas kürzer aus und beschreibt die Situation mit der Aussage, dass Novell und Microsoft übereinstimmen, ihre Ansichten gingen darüber auseinander, ob Open-Source- oder Microsoft-Produkte die Patente des anderen verletzen. Vor diesem Hintergrund sei die Partnerschaft geschlossen worden, um eine Brücke zwischen den Welten zu schlagen, auf der sie weiter in Richtung Interoperabilität zwischen Windows und Linux voranschreiten können.

"Wir bei Microsoft respektieren Novells Ansichten zu dem Patentproblem, so wie wir respektvoll eine andere Ansicht hegen", schreibt Microsoft. Novell stelle richtig dar, dass das Unternehmen durch das Patentabkommen keine Zugeständnisse gemacht habe. Microsoft habe sein Patentportfolio durchleuchtet und sei zu dem Schluss gekommen, dass ein Patentabkommen im Sinne der Kunden sei.

Interoperabilität sei das Hauptmotiv für die Vereinbarung gewesen, schreibt Hovsepian, der damit auf einer Linie mit Microsoft liegt. Die Patentkooperation hingegen gehe auf eine Anregung von Microsoft zurück. Darin versichern sich die Vertragspartner gegenseitig, die jeweiligen Kunden nicht wegen Patentverletzungen zu verklagen. Dadurch könnten sich die gemeinsamen Kunden auf einen vollständigen Support beider Unternehmen verlassen, schreibt Hovsepian, der zwischen dem eigenen und dem Patentportfolio Microsofts ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis sieht.

Die Anfang November zwischen Microsoft und Novell geschlossene Kooperation erstreckt sich über zwei Gebiete: Auf der technischen Ebene wollen sie die Interoperabilität zwischen Linux und Windows vor allem in virtualisierten Umgebungen verbessern. Ein Patentabkommen soll Novell-Kunden vor Ansprüchen seitens Microsoft schützen. Vorige Woche Donnerstag zeigte sich Ballmer erfreut darüber, dass mit Novell erstmals eine Open-Source-Vertriebsfirma für die Verwendung patentierter Microsoft-Erfindungen geradestehe. Sollte sich jemand gegen Windows und für Linux entscheiden, dann würden sich die Redmonder künftig für einen möglichst hohen Marktanteil von Novells SUSE-Linux stark machen, erklärte der Microsoft-Boss. Denn nur ein Käufer dieser Distribution "hat ordentlich für die Nutzung geistigen Eigentums von Microsoft gezahlt".

Hovsepian versucht offenbar die durch derartige Äußerungen entstehende Unruhe im Open-Source-Lager zu entkräften. Am Ende seines Briefes heißt es, Novell habe sich dazu verpflichtet, Freie und Open-Source-Software zu schützen und ihre Freiheit zu bewahren. Die Open-Source-Gemeinde sei lebenswichtig für alle Linux-Aktivitäten bei Novell. Hovsepian zeigt sich abschließend offen für einen Dialog darüber, wie die gemeinsamen Ziele gemeinsam verfolgt werden können.

Zur Kooperation zwischen Microsoft und Novell und den Reaktionen darauf siehe auch:

(anw)