Bundestag debattiert Netzneutralität

SPD, Linke und Grüne wollen ein "Zwei-Klassen-Internet" verhindern und das Prinzip des offenen Internets gesetzlich festschreiben; die schwarz-gelbe Koalition sieht keinen Handlungsbedarf und warnt vor einer Scheindiskussion.

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Die Oppositionsparteien SPD, Linke und Grüne wollen ein "Zwei-Klassen-Internet" verhindern und drängen darauf, das Prinzip des offenen Internets gesetzlich festzuschreiben. Die schwarz-gelbe Koalition sieht dagegen keinen Handlungsbedarf und fürchtet eine Scheindiskussion. Dies zeigte sich bei einer Debatte im Bundestag am heutigen Freitag über einen Antrag (PDF-Datei) der Grünen und einen ähnlichen Vorstoß (PDF-Datei) der Linken zur Sicherung der Netzneutralität. Es gehe dabei um die Wahrung des Grundrechts, Informationen und Meinungen frei übers Internet verbreiten zu können, begründete der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, das Anliegen.

Es spreche zwar nichts gegen ein begrenztes Netzwerkmanagement, meinte von Notz. Eine bevorzugte Behandlung von Diensten oder Klassen gegen Aufpreis könne die Gesellschaft aber nicht gebrauchen. Niemand dürfe im Internet besser gestellt werden, nur weil er für die Übertragung seiner Informationen mehr bezahlen könne. Auch die Linksfraktion lehnt "eine rein technisch bedingte Priorisierung von Datenpaketen nicht ab". Nicht geben dürfe es dagegen eine Vorzugsbehandlung "als Geschäftsmodell zur Profitsteigerung der Betreiber".

Der Sozialdemokrat Martin Dörmann begrüßte die Stoßrichtung der Anträge, hielt aber vor allem den der Grünen noch nicht "für präzise genug". Die SPD-Fraktion werde daher ein eigenes Entschließungspapier vorlegen und dabei Überlegungen aus der einschlägigen Arbeitsgruppe der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" einbeziehen, kündigte er an. Konkret solle die Netzneutralität ins Telekommunikationsgesetz (TKG) aufgenommen werden, damit sie nicht weiter eine "Fußnote der Internetkommunikation" bleibe. Netzbetreibern müssten eindeutige Informations- und Transparenzpflichten auferlegt werden. Der Bundesnetzagentur sollten "ausreichende Kontroll- und Sanktionsinstrumenten" gegeben werden.

Nadine Schön von der CDU/CSU-Fraktion befand indes, dass man allein über die Begriffsdefinition von Netzneutralität "stundenlang streiten könnte". Auch die Union wolle die Bedeutung des Internets für die freiheitlich-demokratische Gesellschaft erhalten. Sie lehne daher die Behinderung einzelner Dienste sowie eine Differenzierung nach einzelnen Inhalten ab. Die Netzneutralität sei zur Zeit aber nicht bedroht, sagte die CDU-Politikerin. Der Wettbewerb habe bisher alle Probleme lösen können. Mit der TKG-Novellierung solle die Bundesnetzagentur zudem Qualitätsanforderungen festlegen und Transparenz schaffen für den Kunden. Eine "große regulatorische Initiative" sei unnötig.

Schöns Parteikollege Peter Tauber witterte eine "Phantomdebatte", die teils "schizophrene Züge" aufweise. Auch Netzpolitiker müssten aufpassen, dass sie nicht immer vom freiem Raum Internet redeten und bei nächster Gelegenheit nach dem Staat riefen. Vertreter der FDP sprachen sich ebenfalls derzeit gegen eine Regulierung aus. Es bringe nichts, "schillernde Begriffe in Gesetzesform" zu gießen, warnte Claudia Bögel. Es dürfe nicht zu einer "sozialistischen Gleichmacherei" im Netz kommen. "Das 'Sozialismus-Internet' haben wir schon in China", ergänzte der Liberale Jimmy Schulz. "Das wollen wir alle nicht." (vbr)