Petition gegen Vorratsspeicherung von TK-Verbindungsdaten findet Unterstützung

Als besonders bedrohlich bei der von der EU geplanten Vorratsdatenspeicherung bezeichneten Bürgerrechtler den Vorschlag, die Direktive durch eine offene Liste der zu speichernden Datentypen zu ergänzen.

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Von
  • Monika Ermert

Über 21.000 Unterstützer aus Europa und dem Rest der Welt haben den Aufruf gegen die Pläne zur verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsdaten von EU-Rat und EU-Komission unterschrieben, berichtet die Organisation European Digital Rights Initiative (EDRI). Bei den Plänen zur Vorratsdatenspeicherung geht es um die Verpflichtung von Telekommunikationsanbietern zur Aufbewahrung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Die vorgeschlagenen Zeiträume lagen bislang zwischen sechs und 48 Monaten; bis zum Oktober sollen entsprechende Verordnungen nach dem Willen der EU-Innenminister, die nach den Terroranschlägen in London das Vorgehen forcierten, verabschiedet werden. Die EU-Komission plant mittlerweile auch, dass Benutzer von Telefon, Handy und Internet von der ersten Sekunde bis zum Ende der Nutzung beobachtet werden sollen, um bis ins Detail festzuhalten, wie sich die Person in den Kommunikationsnetzen bewegt.

Die Organisation hatte die Petition zusammen mit dem niederländischen Provider XS4All Ende Juli gestartet. 3567 Unterschriften kommen aus Deutschland, noch besorgter sind offensichtlich die Niederländer (7379 Unterschriften) und Finnen (4483 Unterschriften). Vereinzelte Unterschriften erreichten EDRI auch Ländern wie Guam, Panama oder Grönland. Die Petition ist inzwischen in 13 Sprachen übersetzt. EDRI kündigte an, durch ein eigens für die Aktion eingerichtetes Wiki und eine offene Mailingliste die Anstrengungen weiter zu verstärken, um den EU-Behörden zum Start der Sitzungsperiode im Herbst eine lange Liste übergeben zu können.

Man hoffe, heißt es bei der EDRI, das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente in einer Ablehnung der Datensammelwut zu unterstützen, die der grundsätzlich verbürgten Unschuldsvermutung widerspreche. Als besonders bedrohlich bezeichnete EDRI den Vorschlag, die geplante Direktive durch eine offene Liste der zu speichernden Datentypen zu ergänzen. "Nachdem Websurfen und ortsbezogene Daten für GSM-Netze auch im Standby-Modus aus dem Vorschlag der EU-Kommission erst einmal herausgenommen wurden, könnte das EU-Parlament versucht sein, der Richtlinie zuzustimmen", warnt die EDRI. Alle anderen "lang gehegten Wünsche" könnten die Strafverfolger über die geplante Ergänzungsliste einfach nach der Verabschiedung der Richtlinie hinzufügen. Über die Liste werde dann hinter verschlossenen Türen und ohne weitere Beteiligung des Parlaments entschieden.

Diese Wunschliste aber sei lang, meint die EDRI. Der italienische Gesetzgeber hat beispielsweise gerade eine neue Verordnung erlassen, die Telefonprovider zur Speicherung aller aktuell vorhandenen Telefonie und Ortsdaten bis 31. Dezember 2007 verpflichtet, und zwar einschließlich nicht erfolgreicher Anrufe. Die Barrieren für den Zugang zu gespeicherten Daten sollen dabei weiter abgesenkt werden, Nutzer müssen für Prepaid-Handy-Verträge und Hotspot-Internetzugang identifiziert werden.

Die Vorratsdatenspeicherung wird nach einem Beschluss der inzwischen 21 EDRI-Mitgliedsorganisationen in 14 Ländern bei ihrer Sitzung am vergangenen Wochenende in Berlin zu den wichtigsten Aktionsfeldern gehören. Daneben will man sich auf die Biometrie und das Nachfolgedokument zur Durchsetzungsrichtlinie für geistiges Eigentum konzentrieren. Außerdem will man die Entwicklungen bei RFID und beim anstehenden Weltgipfel der Informationsgesellschaft verfolgen.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)