Bundesverfassungsgericht weist Beschwerde gegen Websperren-Gesetz ab

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde von Netzaktivisten gegen das Zugangserschwerungsgesetz aus formalen Gründen nicht zur Verhandlung angenommen. Unklar ist das Schicksal einer Verfassungsbeschwerde des früheren Abgeordneten Jörg Tauss.

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Das Bundesverfassungsgericht hat eine Klage von Netzaktivisten gegen das heftig umkämpfte Zugangserschwerungsgesetz aus formalen Gründen abgewiesen. "Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen", heißt es in einem vom Blog Netzpolitik.org veröffentlichten Beschluss (PDF-Datei) der Karlsruher Richter (Az.: 1 BvR 508/11). Die Klage sei unzulässig, lautet die knappe Erläuterung, weil sie nicht hinreichend begründet gewesen sei. Es sei nicht deutlich geworden, welches Recht verletzt worden sein soll und welches Organ auf Unterlassung welcher Handlung verklagt werde. Ferner bemängelt die zuständige 1. Kammer des Ersten Senats, dass der Rechtsweg nicht ausgeschöpft worden sei und die Beschwerdeführer keine ausreichenden Argumente für das Auslassen der niederen Instanzen vorgebracht hätten.

Eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts bestätigte gegenüber heise online die Abweisung der Klage, die die beiden IT-Rechtsanwälte Thomas Stadler und Dominik Boecker im Namen von Vertretern des AK Zensur und der Datenschutzvereinigung FoeBuD eingereicht hatten. Sie bezweifelten die Gesetzgebungskompetenz des Bundes und meinten, dass das Normenwerk gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Es sei "in seiner konkreten Ausgestaltung nicht geeignet", tatsächlich "den Zugang zu Websites mit kinderpornografischen Inhalten zu erschweren." Ferner werde eine "Präventivzensur" etabliert.

Wenig Einzelheiten konnte die Gerichtsvertreterin über eine schon früher eingelegte Verfassungsbeschwerde des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss mitteilen. Dieser hatte das Gericht aus formalen Gründen angerufen, da die Mitwirkungsbefugnisse der Parlamentarier in dem chaotischen Verfahren zur Verabschiedung des Gesetzes deutlich eingeschränkt worden seien. Laut dem zeitweise der Piratenpartei angehörenden und mittlerweile aktiven Piratenpartei-Unterstützer herrschte Verwirrung darüber, zu welcher Vorlage es überhaupt zur endgültigen Abstimmung während der abschließenden Lesungen gekommen sei. Der Gerichtsssprecherin zufolge ist auch dieses Verfahren in der Datenbank als "erledigt" gekennzeichnet, was aber verschiedene Bedeutungen haben könne. Einzelheiten seien erst wieder nach Ostern in Erfahrung zu bringen. Tauss selbst erklärte gegenüber heise online, dass das Organstreitverfahren gegen den Bundestag vom Verfassungsgericht zunächst zumindest angenommen und offiziell noch nicht entschieden worden sei.

Die Bundesregierung hat mittlerweile einen Beschluss gefasst, mit dem das von der FDP und den Oppositionsparteien abgelehnte Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Seiten aufgehoben werden soll. (hob)