21C3: Hackertreffen endet mit Besucherrekord

Der Chaos Communication Congress lockte in diesem Jahr 3500 unorthodoxe Techniknutzer und Sicherheitsexperten an -- die Veranstalter ziehen trotz eines größeren "Kollateralschadens" ein positives Fazit.

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Trotz eines größeren Kollateralschadens haben die Veranstalter vom Chaos Computer Club (CCC) ein positives Fazit des 21. Chaos Communication Congress gezogen. Auf der Abschlussveranstaltung am Mittwochabend freuten sie sich vor allem darüber, dass sie aufgrund des deutlich erweiterten Konferenzteils 3500 Teilnehmer zu der "europäischen Hackerparty" begrüßen durften. Noch nie in der 20-jährigen Geschichte des traditionellen Treffens der Sicherheitsexperten zwischen den Jahren seien so viele Leute gekommen.

Allein 200 Referenten hätten Vorträge über Themen wie Biometrie, Demokratie, Wikipedia, IT-Großprojekte, DRM und Urheberrecht, Roboter, VJing sowie allüberall klaffende Sicherheitslücken gehalten, brachte Tim Pritlove vom Veranstaltungsteam Licht in die Statistik. Viele davon seien aus den USA angereist. Der CCC hatte in diesem Jahr stärker als sonst einen Akzent auf die Internationalität der dreitägigen Veranstaltung gelegt und um das Halten von Vorträgen auf Englisch gebeten. Dies führte aber auch dazu, dass einige nicht-englische Muttersprachler sich auf dem Podium nur mehr schlecht als recht verständlich machen konnten.

Der Besucherandrang brachte das erst vor einem Jahr bezogene Berliner Congress Center am Alexanderplatz allerdings deutlich an seine Grenzen. "Nicht so sehr, was die Räumlichkeiten anbelangt, sondern was die Luft angeht", erklärte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn. 80 Prozent der Kongressteilnehmer seien Raucher -- deutlich mehr als im Bevölkerungsdurchschnitt. Und was sich die Leute da angezündet hätten, seien nicht nur Zigaretten gewesen, brachte Müller-Maguhn das Auditorium mit einem "Running Gag" aus dem Hackerleben zum Lachen. Im Hackcenter ("Tigerkäfig") im Untergeschoss des Veranstaltungsorts sei in der zweiten Nacht sogar die Notbelüftung angegangen, so der Sprecher weiter. Viele der Freunde der unorthodoxen Technikbenutzung hatten Iso- oder Hängematten und Schlafsäcke mitgebracht und sich gleich neben ihren Rechnern sowie in den Wandelgängen ihr Lager für eine kurze Nacht bereitet. Müller-Maguhn kündigte nun an, dass es im nächsten Jahr erstmals Regeln für Raucher geben würde.

Pritlove dankte vor allem den rund 150 "Engeln", die unter anderem bei der Einlasskontrolle, der erstmals in namhaftem Umfang erfolgten Referentenbetreuung sowie im Ton- und Videobereich mitgeholfen hatten, sowie dem Chaos Emergency Response Team (CERT). Dieser medizinische Notfalldienst für den Kongress hatte sich dieses Jahr unter anderem mit einem Windpockenfall zu beschäftigen. Dass der CCC auf diese Weise mit Viren verbreitete, hatte schon während der Konferenz bei Außenstehenden immer wieder zu leichten Ausbrüchen an Schadenfreude geführt.

Auch beim Netzwerk konnte sich das Network Operation Center (NOC) dieses Mal nicht mit Ruhm bekleckern: ein Funknetz auf der Basis des weit verbreiteten Standards 802.11b etwa funktionierte bis zum Kongressende so gut wie nicht. Das NOC habe versucht, das "Beste aus der Situation zu machen", nahm Pritlove seine Mannen in Schutz. Wenn gesponserte Netzwerkgeräte erst kurz vor Weihnachten ohne Firmware angeliefert würden, sei nicht mehr viel zu retten. Problemlos funktionierte dagegen das gute alte Telefon über die vom Phone Operation Center (POC) betriebene Anlage, in die sich 470 Besucher mit ihren DECT-Geräten eingebucht hatten.

Angesichts des Rekords bei den Besucher- und Referentenzahlen überlegt der CCC, den Kongress um einen weiteren Tag zu verlängern. Schon jetzt hielten sich viele der Dauergäste am dritten Tag allerdings nur noch mit dem Einpumpen diverser koffeinhaltiger Getränke sowie dem Schlucken von Koffeintabletten wach. Sinnvoll wäre eine rein zeitliche Ausdehnung also höchstens, wenn gleichzeitig das dieses Jahr überaus dicht gedrängte Konferenzprogramm entzerrt würde. Viele Vorträge waren hoffnungslos überfüllt, sodass der Plan zur Nutzung mehrerer, dafür aber kleinerer Räume nach hinten los ging. Im erweiterten Hackcenter war dagegen schier noch Platz frei. Den Künstlern der Chaos-Organisation bleiben so noch einige Optimierungsmöglichkeiten.

Audio- und Videomitschnitte des Konferenzprogramms sollen in ein bis zwei Wochen über den FTP-Server des CCC unter einer Creative-Commons-Lizenz verfügbar gemacht werden.

Zum 21. Chaos Communication Congress siehe auch:

(Stefan Krempl) / (tol)