Internationale Verbraucherschützer treten gegen Netzsperren ein

Der Dachverband von weltweit 220 Verbraucherschutzorganisationen hat einen Entwurf für die Novellierung der Verbraucherschutzrichtlinien der Vereinten Nationen vorgelegt und bittet um Kommentare.

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Von
  • Monika Ermert

Der Verbraucherschützer-Dachverband Consumers International (CI) hat einen Entwurf für eine Neufassung der Verbraucherschutzrichtlinien der Vereinten Nationen (UN) vorgelegt. Der Dachverband von weltweit rund 220 Verbraucherschutzorganisationen will darin das Recht auf Zugang zum Internet stärken; Regierungen sollen "den Zugang zum Wissen" als elementaren Anspruch der Verbraucher absichern. Dieser – einschließlich des Zugangs zum Internet – sei heute Voraussetzung dafür, dass Verbraucher am kulturellen, bürgerlichen und wissenschaftlichen Leben teilnehmen können, heißt es in den Entwürfen. Kommentare zum Entwurf der CI sind noch bis 31. August online möglich.

Die zuletzt 1999 nach Vorschlägen von CI novellierten Verbraucherschutzrichtlinien hätten nur Empfehlungscharakter, sagte Jeremy Malcolm, CI-Koordinator der Initiative gegenüber heise online. Falls sie die UN verabschiedet, würden sie nicht für Regierungen verbindlich; Gesetze wie das Regime abgestufter Erwiderungen in Frankreich würden also nicht aufgehoben, doch solche Richtlinien hätten einiges Gewicht für die Weiterentwicklung von Verbraucherschutzregeln. 80 Prozent der für eine Studie (PDF-Datei) im Jahr 2004 befragten Regierungen hätten die Richtlinien als hilfreich bezeichnet, betonte Malcolm.

Während die von CI 1999 im Auftrag der UN vorbereitete Novelle das Thema des nachhaltigen Verbrauchs betraf, wagen sich die Verbraucherschützer nun mit ihrer Initiative zum Wissenszugang auf das hart umkämpfte Terrain des Urheberrechts. Malcolm erklärte, 1999 hätten Verbraucher noch ein Buch kaufen, verleihen oder verkaufen können und sich dabei sicher sein, dass es noch auf Jahrzehnte hinaus lesbar ist. Solche Garantien habe keiner der Käufer eines eBooks heute. Regierungen sollten daher Hersteller von digitalen Produkten beziehungsweise die Anbieter digitaler Dienste daran hindern, den Gebrauch technisch unverhältnismäßig zu beschränken. Software- oder Firmware-Updates, mit denen plötzlich beim Kauf eines Gerätes zugesicherte Dinge unmöglich würden, müssten ausgeschlossen werden, es sei denn, der Nutzer habe ausdrücklich zugestimmt.

CI will außerdem die Regierungen darauf einschwören, frei verfügbare Wissensgüter und -quellen zu fördern, Zugangsrechte zu Dokumenten der öffentlichen Hand zu gewähren und klare Regeln für den privaten Gebrauch urheberrechtlich geschützter Werke aufzustellen. Zu Studienzwecken, für Parodien oder für Sicherheitskopien sollen feste Schranken greifen. Es sollte nach Meinung von CI möglich sein, Werke im Familien- und Freundeskreis weiterzugeben und mit allen Rechten weiter zu verkaufen. Außerdem sollten Urheberrechtsverletzungen, die von Verbrauchern für nicht-kommerzielle Zwecke begangen wurden, und der Besitz von urheberrechtsverletzenden Waren in nicht-kommerziellem Umfang nicht strafrechtlich verfolgt werden; sie sollten auch nicht durch den vorübergehenden oder dauerhaften Ausschluss eines Nutzers aus dem Netz bestraft werden.

Dazu, Wie gut die Aussichten für derartige Forderungen sind, von den UN-Mitgliedsstaaten angenommen zu werden, wagt das deutsche CI-Mitglied Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Berlin heute noch keine Prognose. Lina Ehrig, Referentin für Telekommunikation, Post und Medien, nannte die CI-Initiative einen "guten Vorstoß", der inhaltlich im wesentlichen auf der Linie des kürzlich vom VZBV vorgestellten Positionspapiers zum Urheberrecht liege. Selbst im Falle der Verabschiedung auf UN-Ebene bedeuteten die Richtlinien leider nicht zwangsläufig eine Abkehr vom herrschenden Prinzip, dass Verbraucherinteressen im Urheberrecht immer nur nachrangig behandelt würden. (anw)