App ins Grüne

Im Auto hat der Straßenatlas längst ausgedient, Radfahrer und Wanderer nutzen aber immer noch beharrlich Karten aus Papier. Dabei navigiert das Smartphone wesentlich komfortabler durch Wald, Gebirge und Großstadtdschungel – man muss nur wissen, wie.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 29 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von

Wer behauptet, dass jedes Navi Fahrrad- und Fußgängernavigation beherrscht, hat vielleicht die Werbebroschüren gelesen – die Funktion aber noch nie benutzt: Obwohl das Ziel nur einen kurzen Spaziergang durch den Stadtpark entfernt wäre, schicken Navis Fußgänger und Radler auf einen kilometerlangen Umweg ums Grün herum, immer an der lärmenden Stadtautobahn entlang. Die Karte im Display zeigt den Park als uniforme grüne Fläche, das dort eigentlich vorhandene Wegenetz fehlt. Und das gilt nicht nur für eigenständige Navigationsgeräte, sondern auch für fast alle Smartphone-Navi-Apps – obwohl Google Maps vermutlich häufiger von orientierungslosen Fußgängern als von Autofahrern konsultiert wird.

Schuld an der Misere sind die Firmen Navteq und TomTom Licensing (ehemals Teleatlas). Von ihnen kommen die Karten, die in so gut wie allen kommerziellen Navis und Navi-Apps stecken. Die meisten Wege, auf denen keine Autos fahren können, fehlen darin schlicht. Fußgänger werden so auf achtspurige Straßen gelotst, obwohl bessere und kürzere Fußwege vorhanden wären.

Nur die OpenStreetMap-Navigation zeigt den Weg über die Brücke (200 Meter)

Das auf freiwilliger Mitarbeit basierende OpenStreetMap-Projekt (OSM) schickt sich jedoch gerade an, dieses Problem zu lösen: In den Großstädten, wo es viele OSM-Mitstreiter gibt, sind die Kostenlos-Karten längst detaillierter als kommerzielle: In Hannover haben die freiwilligen Kartografen sogar die Wege im Zoo eingezeichnet – inklusive Tiergehege.

Google Maps rät Fußgängern und Radfahrern zum Umweg über die Bundesstraße (2,2 Kilometer) – in den Google-Daten fehlt die Brücke nämlich.

Eine ähnliche Detailfülle findet man in anderen europäischen und US-amerikanischen Ballungsgebieten, hier sind meist alle Wander- und Fahrradwege in den städtischen Grünflächen und im Umland verzeichnet. Deutlich besser als kommerzielle Kartenanbieter schneidet OpenStreetMap auch an vielen Orten ab, die weltwirtschaftlich wenig von Interesse sind. So besteht Nordkorea in Google Maps nur aus einer weißen Fläche, bei OpenStreetMap gibts dagegen einen recht detaillierten Stadtplan der Hauptstadt Pjöngjang, kleinere nordkoreanische Städte sind zumindest rudimentär kartografiert.

In gering besiedelten Gebieten Westeuropas muss man OpenStreetMap-Karten allerdings – noch – mit Vorsicht genießen. Teilweise fehlen ganze Straßen. Auch im Gebirge kann OpenStreetMap noch nicht mit Wanderkarten auf Papier mithalten. Eine Alternative für Bergwanderer mit Smartphone stellen topografische Karten dar, auf denen Höhenlinien sowie Wälder, Sümpfe und Gletscher eingezeichnet sind. Der deutsche Anbieter Outdooractive stellt solche „Topo-Karten“ sogar kostenlos in einer eigenen App und per API zur Verfügung.

Kurzum: In den meisten Fällen ist Google Maps für Fußgänger, Radfahrer und Wanderer die schlechteste Kartenoption. In (Groß-) Städten eignen sich OSM-Karten besser, im Gelände Topo-Karten. Apps mit solchen Karten sind für die beliebtesten Smartphone-Plattformen erhältlich. Viele dieser Anwendungen laden die Kartendaten auch für den Offline-Betrieb herunter, was besonders im Ausland ohne Daten-Flatrate praktisch ist.

Maverick für Android unterstützt etliche Kartenquellen und funktioniert auch ohne Internet-Verbindung.

Die meisten kostenlosen OSM-Karten-Viewer gibt es für Android-Telefone. Wer es schlicht, stabil und schnell bevorzugt, sollte sich Maverick anschauen. Die App unterstützt neben Karten von OSM, Google, Nokia, Bing und den Topo-Karten von Outdooractive auch einige länderspezifische Orientierungshilfen. Die Kartenquellen lassen sich schnell und einfach durchschalten. Maverick kann zudem OSM-Karten in etlichen Geschmacksrichtungen (zum Beispiel OpenCycleMap (OCM) für Rad-, OpenPisteMap für Skifahrer) darstellen.

Ähnlich wie bei Google Maps für Android funktioniert der Offline-Modus von Maverick nach dem Cache-Prinzip: Jede Kartenansicht, die man sich einmal angeschaut hat, wird automatisch gespeichert. Das ist zwar leicht verständlich, in der Praxis aber nervig; schließlich muss man jede Kartenansicht und Detailstufe, die man während der Internet-freien Tour zu nutzen gedenkt, einmal mit dem Finger „abgelaufen“ sein. Hat man beim Vor-Cachen einen Bereich vergessen, gibt’s weiße Flecken. Bei der Tour durch die tansanische Trockensavanne kann das zu Problemen führen – obwohl man doch extra die solarbetriebene Aufladestation eingepackt hat.

In der iPhone-App Trails kann man per Schieberegler festlegen, wie detailliert die Offline-Karten sein sollen.

Andere Karten-Apps lösen das Download-Problem einfacher, gehen aber verschwenderischer mit dem Speicherplatz um. In ForeverMap für iOS und Android lädt man die Kartendaten länderweise herunter, Deutschland ist 311 MByte groß. MapDroyd und OsmAnd für Android holen die Deutschlandkarten in Bundesland-Gebinden aufs Smartphone, OffMaps 2 für iOS in kostenpflichtigen Stadt- und Regionshäppchen. Das populäre MapDroyd eignet sich übrigens – trotz OSM-Basis – nicht fürs Grüne: Offenbar um Platz zu sparen, fehlen in den Kartendaten die meisten Rad- und Fußwege.

Am flexibelsten – wenn auch mitunter kryptisch zu bedienen – sind Karten-Viewer, bei denen man einen Rahmen aufzieht, die Detailstufe vorgibt und die Software dann alle Kartenstufen im markierten Bereich herunterlädt. In diese Kategorie fallen OruxMaps, Maps (–/+) und Locus für Android, Trails für iOS und xMaps für Windows Phone 7. Mit dem Open-Source-Java-Programm Mobile Atlas Creator lassen sich die Offline-Karten auch am Rechner zusammenstellen. Unterstützt werden unter anderem Maverick, OsmAnd und OruxMaps. Für WebOS-Smartphones gibt es mit Minimap einen hübschen OSM-Karten-Viewer, der allerdings keine Offline-Funktion bietet.

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 14/2011.

Mehr Infos

Outdoor-Navigation

Artikel zum Thema "Outdoor-Navigation" finden Sie in c't 14/2011:

  • Apps und Webdienste für Radfahrer und Wanderer - Seite 96
  • Navigationsgeräte für draußen - Seite 104
  • Was alles in digitalen Karten steckt - Seite 110
  • Fahrradzubehör für Smartphones - Seite 112

(jkj)