Opposition fordert nationale Digitalisierungsstrategie

SPD und Linken gehen die Bemühungen des Bundes zur Digitalisierung des Kulturguts nicht weit genug. Sie machen sich vor allem für eine stärkere Unterstützung des Aufbaus der Deutschen Digitalen Bibliothek stark.

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Den Bundestagsfraktionen von SPD und Linken gehen die Bemühungen des Bundes zur Digitalisierung des Kulturguts nicht weit genug. Sie machen sich vor allem für eine stärkere Unterstützung des Aufbaus der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) stark. Der Sozialdemokrat Siegmund Ehrmann verwies bei einer Debatte im Bundestag am Donnerstagabend, bei der die Reden zu Protokoll gingen, auf einen "zwingenden Handlungsbedarf auf nationaler Ebene" und forderte eine "Digitalisierungsstrategie". Der Bund muss seiner Ansicht nach gemeinsam mit den Ländern ein Konzept entwickeln, "in welcher Reihenfolge und auf der Grundlage welcher einheitlichen Standards die Digitalisierung der Kulturgüter erfolgen soll".

Die SPD appelliert in einem Antrag an die Bundesregierung, zunächst eine Übersicht über den Stand der Digitalisierung in Deutschland vorzulegen. In diesem Zuge sei es wichtig, den Kostenbedarf für das weitere Vorgehen zu veranschlagen, da diesen derzeit "noch niemand realistisch abschätzen kann". Parallel sei es nötig, "nach alternativen Finanzierungsstrategien zu suchen". Staatlichen Akteure müssten beim Eingehen einer öffentlich-private Partnerschaft zum Scannen von Büchern mit "marktmächtigen Anbietern" wie Google klare Regeln formulieren, damit "die digitalisierten Kulturgüter der Allgemeinheit dauerhaft und kostenfrei zur Verfügung stehen". Ferner bedürfe es einer urheberrechtlichen Lösung für verwaiste und vergriffene Werke.

Für die Linken monierte Luc Jochimsen ebenfalls, dass das Urheberrecht "bisher nicht auf die Massendigitalisierung eingestellt ist". Ebenso bleibe unklar, "welche Konsequenzen die Verfügung eines einzigen Konzerns über die Bestände unserer Wissens- und Kultureinrichtungen hat". Fraglich sei etwa, was im Falle einer Aufgabe eines Projektes durch Google mit den Datenbeständen geschehe oder welche Partner die Rohdaten nach welcher Frist unter welchen Bedingungen selbst benutzen dürften. Weiter beklagte die Kulturpolitikerin, dass die Bundesregierung 8 Millionen Euro allein für den Aufbau der zentralen Infrastruktur der DDB bereitgestellt habe. Das teure Scannen und Aufbereiten habe sie dagegen weitgehend den Bibliotheken und Archiven überlassen, die diese "Herkulesaufgabe" nicht stemmen könnten. In Frankreich würden derweil 750 Millionen Euro für die Digitalisierung in Aussicht gestellt.

Die Linke plädiert für eine Digitalisierungsoffensive auf Grundlage eines präzisen und für alle Beteiligten verbindlichen Handlungsplans. Ihrem Antrag nach soll bei der Förderung ein Rahmen von 30 Millionen Euro pro Jahr nicht unterschritten werden. Mindestens 5 Millionen Bücher müssten in fünf Jahren digitalisiert werden. Ferner soll die Bundesregierung im Rahmen einer Überarbeitung des Urheberrechtsgesetzes eine Regelung zum Umgang mit vergriffenen und verwaisten Werken vorlegen, die für Bibliotheken, Archive und sonstige Kultureinrichtungen Rechtssicherheit bei der Veröffentlichung von Digitalisaten bringt und bei erwiesenen Ansprüchen eine Vergütung der Rechteinhaber vorsieht. Die Grüne Agnes Krumwiede warf der Koalition vor, sich bisher nicht klar für eine Digitalisierungsstrategie zu bekennen. Vordringlich sei es, Regeln für die öffentliche Zugänglichmachung verwaister Werke unter Beteiligung einer Verwertungsgesellschaft aufzustellen.

Der CDU-Politiker Ansgar Heveling bezeichnete die Digitalisierung von Kulturgütern zwar ebenfalls "als eine der Kernaufgaben unserer Kulturpolitik". Allein sei die öffentliche Hand aber nicht in der Lage, dieses Vorhaben zu stemmen. "Wir begrüßen daher eine Kooperation mit privaten Unternehmen, um die Entwicklung der DDB zu beschleunigen", betonte Heveling. Dabei sei es wichtig, "ausgewogene und wohlbedachte Vereinbarungen zu treffen". Reiner Deutschmann von der FDP begrüßte gleichfalls "jede bestehende Möglichkeit, die zu einer signifikanten Steigerung der Digitalisierungsrate der für die DDB vorgesehenen Werke führt". Eine Öffentlich-Private-Partnerschaft sollte eingesetzt werden, wenn sie das Interesse der Allgemeinheit an einer uneingeschränkten Bereitstellung und Nutzung des kulturellen Erbes und der wissenschaftlichen Inhalte in digitaler Form berücksichtige. Der SPD-Antrag gleiche einer "Wünsch-Dir-Was-Liste". (jk)