IT-Gipfel: Quaero heißt jetzt Theseus

Deutschland und Frankreich gehen bei der Entwicklung der Suchtechnologie der nächsten Generation getrennte Wege. Die Bundesregierung will nun unter dem Titel "Theseus" eine semantische Suchmaschine als "Leuchtturmprojekt" vorantreiben.

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Deutschland und Frankreich gehen bei der Entwicklung der Suchtechnologie der nächsten Generation unter dem Arbeitstitel Quaero getrennte Wege. Die Bundesregierung will nun unter dem Titel "Theseus" eine semantische Suchmaschine als "Leuchtturmprojekt" vorantreiben. Die Kooperation sei beendet, erklärte Hartmut Schauerte, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, am heutigen Montag auf dem nationalen IT-Gipfel in Potsdam. "Wir werden die Brücken nicht abbrechen", betonte der CDU-Politiker. Das Vorhaben werde aber künftig "in nationaler Zuständigkeit" vorangetrieben. Es soll einen der Schwerpunkte bilden, die Politik und Wirtschaft gemäß der Absprachen auf dem Gipfel gemeinsam vorantreiben wollen.

Die beiden benachbarten Staaten wollten im Rahmen einer Public Private Partnership gemeinsam mit der Industrie rund 400 Millionen Euro in die Vorzeigeunternehmung stecken. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern habe sich aber als "nicht einfach" herausgestellt, erläuterte Bernd-Wolfgang Weismann, Leiter des Referats Informationsgesellschaft im Bundeswirtschaftsministerium, im Gespräch mit heise online die Hintergründe der geplatzten Kooperation. Frankreich verfolge eher das Ziel, eine "konventionelle Suchmaschine" marktreif zu machen. Deutschland habe dagegen immer gesagt, nicht in Konkurrenz zu etablierten Anbietern wie Google treten und lieber Basistechnologien für das semantische Web entwickeln zu wollen. Dies werde auch weiterhin hauptsächlich mit Theseus weiterverfolgt.

Weismann führte weiter aus, dass die vorgesehenen Projektpartner aus der Wirtschaft größtenteils weiter an Bord bleiben wollten. Dies hätten etwa die bisher als Projektleiter vorgesehene Bertelsmann-Tochter empolis sowie SAP, Siemens und T-Systems nach anfänglichem Zögern inzwischen zugesichert. Der Haushaltsausschuss des Bundestags habe zudem die vorgesehenen 90 Millionen Euro Projektförderung der Bundesregierung freigegeben. Die Wirtschaft soll diese Summe um den gleichen Betrag aus ihrer Tasche aufstocken. Die Vergabe der Projektführung an empolis war jüngst allerdings in die Kritik geraten.

Der Direktor des an Quaero beteiligten Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Wolfgang Wahlster, hatte unlängst erklärt, dass dem Konsortium zur Verbesserung der Such- und Indiziertechnik eine Verknüpfung der vergleichsweise willkürlichen Verschlagwortung von Inhalten über "Social Tagging" bei Web-2.0-Diensten wie flickr mit dem deutlich strengeren Katalogisierungsansatz des so genannten semantischen Web vorschwebt. Wenn ein Hobby-Golfer eine Aufnahme seiner Sportart in einer Foto-Community schlicht mit dem Begriff "Golf" kennzeichne, würden dadurch gewisse Mehrdeutigkeiten etwa für Autofreunde bestehen bleiben, brachte Wahlster ein Beispiel. Ein semantisches System würde dagegen die Ambivalenzen erkennen und eine Klassifizierung nach verschiedenen Zusatzbegriffen oder Kategorien empfehlen.

Semantische Applikationen standen bei der Diskussion in der Arbeitsgruppe "Service- und verbraucherfreundliche IT" des Gipfels im Vordergrund. Die Menschen müssten in der Lage sein, "mit Software in Beziehung zu treten", erklärte Arbeitsgruppenleiter und Arcor-Chef Harald Stöber. Es sei erforderlich, dass die Nutzer besser "im Normalfeld mit dem Computer kommunizieren." Das Aktionsprogramm seiner Projektgruppe sieht zudem eine Art Selbstverpflichtung der Branche zur Qualitätssicherung in Call-Centern vor. Das Durchwandern von bis zu "neun Hierarchie-Ebenen" vor dem Erhalt einer Antwort müsse der Vergangenheit angehören. Gleichzeitig forderte Stöber, dass beim Hausbau Vernetzungsinfrastrukturen und WLAN-Router "genauso selbstverständlich" eingeplant werden müssten "wie Stromkabel".

Siehe zum IT-Gipfel der Bundesregierung auch:

(Stefan Krempl) / (anw)