Mit Vorratsdatenspeicherung und "Auffälligen"-Datei gegen den Terror

In Deutschland wird die Debatte über Überwachungsmaßnahmen nach dem Bombenanschlag in Oslo und dem Massaker auf der Insel Utøya wieder intensiver. So wird auch wieder eine verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren gefordert.

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Nach dem Bombenanschlag in Oslo und dem Massaker auf der Insel Utøya am Freitag mit insgesamt über 93 Toten wird die Debatte über die innere Sicherheit in Deutschland wieder intensiver – zum Beispiel mit der Forderung nach einer verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren. "Wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung", betonte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, gegenüber der Passauer Neuen Presse. Dem CSU-Politiker zufolge müsse die Überwachung von Internetverkehr und Telefongesprächen vorab möglich sein. Nur wenn Ermittler die Kommunikation bei der Planung von Anschlägen verfolgen könnten, seien solche Taten zu vereiteln und Menschen zu schützen.

Uhl forderte die FDP auf, ihren Widerstand gegen eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung aufzugeben. "Alle Sicherheitsexperten sind dieser Meinung, mit Ausnahme der Bundesjustizministerin." Uhl meinte, eine Tat wie in Norwegen könne in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht völlig ausgeschlossen werden, umso wichtiger sei es, präventiv zu handeln.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, sprach sich dafür aus, neben der Anti-Terror-Datei für offensichtliche "Gefährder" auch eine für auffällig gewordene Personen einzurichten. "Wir müssen alles tun, um mitzubekommen, wenn jemand mit solchen kruden Gedanken auffällt. Da wäre eine Datei hilfreich", sagte er der Welt. Ein gleichgelagertes Attentat könne jederzeit "auch bei uns geschehen". Man könne in die Köpfe solcher Täter aber nicht hineinschauen. Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es daher nicht.

Der Chef des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Gridling, forderte im ORF nun ebenfalls ein stärker auf Daten konzentriertes Vorgehen. Seit Jahren seien Einzeltäter zu beobachten, die oft durch das Internet radikalisiert seien. "Plötzlich steht eine entschlossene Person da, die grauenhafte Taten verübt", meinte Gridling. Die Signale seien für die Umgebung meist kaum wahrnehmbar.

Der Chaos Computer Club (CCC) appellierte nach dem Aus der "politischen Irrläuferprojekte" Websperren und Elena dagegen an die Politik, nun auch die Vorratsdatenspeicherung endlich zu den Akten zu legen. Es sei ungeheurlich, wie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts de facto ignoriert werde und der Eindruck entstehe, man warte nur den nächsten Vorfall ab, der sich zu einer Begründung für die verdachtslose Vorratsdatenspeicherung hinbiegen lasse. Datenvermeidung sei auch im Kontext des nicht nur behördlich festgestellten niedrigen Sicherheitsniveaus der Ermittlungsbehörden und der britischen Datenskandale bei Providern angebracht. Es könne nicht sein, dass Mobilfunknutzung hierzulande weitflächig erfasst werde allein aufgrund der Deutung einer Sachlage durch Polizeibeamte.

In Norwegen selbst wird über die innere Sicherheit noch deutlich verhaltener diskutiert. "Wir dürfen nicht aufhören, für unsere Werte einzutreten", erklärte der Ministerpräsident des Landes, Jens Stoltenberg im norwegischen Fernsehen. "Wir müssen zeigen, dass unsere offene Gesellschaft auch diesen Test absolvieren kann." Die Antwort auf die Gewalt muss nach Ansicht des Sozialdemokraten lauten: "Mehr Demokratie, mehr Menschlichkeit, aber niemals Naivität." (anw)