Rechtsausschuss des Bundestags stimmt gegen Softwarepatente

Die EU-Ratspräsidentschaft hat noch kein offizielles Zeichen gegeben, ob sie nach der erneut von Polen beantragten Verschnaufpause die Ratsposition zur Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen Anfang nächster Woche abnicken lassen will.

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Die Rechtspolitiker des Bundestags haben am heutigen Mittwoch den interfraktionellen Antrag zur "effektiven" Begrenzung der Patentierung von Computerprogrammen (PDF) beraten und einstimmig beschlossen. Damit bestätigte der federführende Rechtsausschuss die bereits wiederholt zutage getretene kritische Haltung der Abgeordneten insbesondere gegenüber der umstrittenen Position des EU-Rates zur Richtlinie über die Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen". Die Berichterstatter der vier Bundestagsfraktionen hatten sich Ende November auf den gemeinsamen Antrag geeinigt. Seiner Verabschiedung im Plenum Mitte Februar steht nun nichts mehr im Wege.

Jörg Tauss, forschungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, begrüßt den Beschluss im entscheidenden Ausschuss. Die Parlamentarier seien "sich einig in der Überzeugung, dass eine wünschenswerte Harmonisierung der patentrechtlichen Praxis im Softwarebereich nicht zu einer generellen Ausweitung der Patentierung führen sowie die Softwareentwicklung und -forschung nicht unverhältnismäßig belasten darf", erklärte er. Um dieses Ziel zu erreichen sei "ein klares Abgrenzungskriterium patentierbarer Gegenstände unverzichtbar". Sonst könnte eine "Flut" von Trivialpatenten die technische und wirtschaftliche Entwicklung blockieren. Gleichzeitig müssten "technische Erfindungen natürlich patentierbar bleiben, auch wenn sie eines Computerprogramms zum Ablauf bedürfen." Dabei sollte das Computerprogramm selbst "aber von jeder patentrechtlicher Monopolisierung frei gehalten werden".

Der Antrag definiert als wichtigstes Abgrenzungskriterium den "technischen Beitrag" einer "computerimplementierten Erfindung" näher. Die Bundesregierung soll demnach darauf hinwirken, dass sich die Brüsseler Richtlinie an der Technikdefinition des Bundesgerichtshofs orientiert. Nur mit dem darin erfolgenden Rückgriff auf Auswirkungen auf die "Naturkräfte" könne sichergestellt werden, "dass Computerprogramme als solche, Geschäftsmethoden, Algorithmen und Erfindungen, deren technischer Beitrag allein in der Datenverarbeitung liegt, nicht patentiert werden können". Zudem fordern die Abgeordneten, in der Richtlinie auf gesonderte Programmansprüche zu verzichten und ein generelles Interoperabilitätsprivileg aufzunehmen. Nur unter diesen Bedingungen könne der Gesetzgeber die beabsichtigten positiven ökonomischen und innovationsfördernden Effekte erreichen.

Günter Krings, Softwarepatentexperte der CDU/CSU-Fraktion, sieht in dem Votum des Rechtsausschusses erneut eine Ermahnung an die Bundesregierung: die dort federführende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries müsse "endlich die Sicht der Bundestagsfraktionen zur Kenntnis nehmen und sich aktiv für eine Änderung der Softwarepatentrichtlinie auf europäischer Ebene einsetzen", fordert er. "Sollte der EU-Ministerrat am kommenden Montag dem jetzigen Entwurf zustimmen, wird es wegen der besonderen Mehrheitserfordernisse im Europaparlament doppelt schwer, eine mittelstandsfreundliche Lösung zu erreichen."

In Brüssel hat die luxemburgische EU-Ratspräsidentschaft noch kein offizielles Zeichen gegeben, ob sie nach der erneut von Polen beantragten Verschnaufpause die im Mai fachlich festgezurrte Ratsposition Anfang nächster Woche im Rat für Allgemeine Fragen und Außenbeziehungen abnicken lassen will. Allenthalben ist inzwischen von einem "Abstimmungschaos" im Rat die Rede. Im EU-Parlament laufen derweil die Vorbesprechungen für einen Antrag auf den kompletten Neustart des Gesetzgebungsverfahrens auf Hochtouren, den viele Beobachter als respektablen Ausweg aus dem Schlamassel betrachten. Hier stehen die ausschlaggebenden Entscheidungen Anfang nächster Woche an.

Zum Thema Softwarepatente siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)