Neues Anti-Terrorpaket tritt morgen in Kraft

Gemäß dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz dürfen sämtliche Geheimdienste künftig auch im Rahmen der Aufklärung "verfassungsfeindlicher Bestrebungen" im Inland Auskünfte etwa bei Telcos einholen.

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Mit der Veröffentlichung des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes (TBEG) im Bundesgesetzblatt am heutigen Mittwoch tritt das umstrittene neue Anti-Terrorpaket morgen in Kraft. Es verlängert und erweitert die nach dem 11. September 2001 geschaffenen Befugnisse für Geheimdienste. Neben dem Verfassungsschutz können künftig auch Bundesnachrichtendienst (BND) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) Auskünfte bei Luftfahrtunternehmen, Banken, Post-, Telekommunikations- und Telediensteunternehmen einholen. Dies gilt nicht mehr nur bei Terrorverdacht, sondern auch im Rahmen der Aufklärung "verfassungsfeindlicher Bestrebungen" im Inland. Entsprechend ausgedehnt wird die Ermächtigung zum Einsatz des IMSI-Catchers für die Mobilfunküberwachung. Verdeckt fahnden dürfen Geheimdienste ferner im Schengener Informationssystem.

Für die auskunftsberechtigten Dienste wird es auch deutlich einfacher, die vorgesehenen Informationen bei Privaten einzuholen. Insbesondere wird das Verfahren nach Artikel 10 des Grundgesetzes, das eine ministerielle Anordnung mit Zustimmung der G10-Kommission des Bundestages vorsieht, beschränkt. Auskünfte etwa von Luftfahrtunternehmen und Banken können sich die Nachrichtendienste so unkomplizierter besorgen. Dem Parlamentarischen Kontrollgremium müssen sie aber weiter Bericht erstatten.

Die Voraussetzungen für Auskünfte von Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen über Verbindungs- und Nutzungsdaten werden ferner auf weitere Fälle mit Gewaltbezug erstreckt. Dabei muss es sich etwa um Bestrebungen handeln, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben. Darüber hinaus können die Nachrichtendienste Fahrzeug- und Halterdaten aus dem entsprechenden Register künftig auch automatisiert abrufen. Auch die rechtlichen Grundlagen für einen umfangreichen Test zur Aufnahme von Fingerabdrücken in die E-Pässe werden mit dem TBEG geschaffen.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zeigt sich erleichtert über die Schaffung der neuen Befugnisse, die der Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition Anfang Dezember abgesegnet hatte: "Das Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes ist für das Aufspüren und die Verfolgung terroristischer Straftäter von ganz erheblicher Bedeutung", ließ der CDU-Politiker verlautbaren. "Für die Arbeit der Behörden, die ihre Arbeit effektiv und rechtsstaatlich erledigen müssen, haben wir vernünftig angepasste Rechtsgrundlagen geschaffen und einige umständliche Verfahren gestrafft." Gleichzeitig hätte der Gesetzgeber aber nicht "in den Kernbereich der Lebensführung der Bürger" eingegriffen, "deren Sicherheit unser Anliegen ist". Schäuble betonte, dass die Befugnisse der ersten beiden Anti-Terrorpakete "zur Aufklärung terroristischer Strukturen und des terroristischen Umfeldes beigetragen" hätten. So habe etwa der Hamas-Spendensammelverein Al Aqsa verboten werden können.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hatte dagegen befürchtet, dass etwa die Bestandsdatenabfrage in der Telekommunikation und bei Reiseunternehmen mit dem Fall der Hürde zum Einschalten der G10-Kommission des Bundestages nun "sehr viel häufiger zum Einsatz kommt". Besorgte zeigte er sich zudem, dann jetzt auch "die verschiedenen Nachrichtendienste die Möglichkeit haben, Nutzungsdaten abzufragen". Ferner beklagte er, dass ohne ernsthafte Evaluierung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden diese in keinerlei Hinsicht zurückgenommen und stattdessen neue geschaffen wurden. (Stefan Krempl) / (anw)