Schlagabtausch zu Film-Streaming auf der Medienwoche

Bei einer Debatte über das Dilemma des Urheberrechtsschutzes im Netz schlugen auf der IFA noch einmal die Wellen hoch. Vertreter der Unterhaltungsbranche forderten einmal mehr ein Sperr-Regime nach französischem Vorbild.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 78 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Bei einer Debatte über die Kluft zwischen der Unterhaltungsbranche und Verfechtern eines "freien Internets" auf der Medienwoche Berlin-Brandenburg schlugen die Wellen hoch. "Ich finde die Hadopi-Nummer total fair", betonte Stefan Arndt, Geschäftsführer der Produktionsfirma X Filmel, am Dienstag im Hinblick auf das gleichnamige Gesetz zur "abgestuften Erwiderung" auf Urheberrechtsverletzungen in Frankreich. "Du wirst dreimal verwarnt, dann bist du halt einen Monat raus." Durch Filesharing und Streaming-Portale im Netz habe die Ertragslage der Branche "dramatisch gelitten", führte der Produzent von Streifen wie "Lola rennt" oder "Good bye, Lenin" aus. Bei Letzterem habe X Filme rund drei Millionen Euro verloren. Der ganze Mittelbau im Filmgeschäft breche so zusammen.

"Wir müssen dem Gesetzgeber unser Fukushima bieten, sonst wird nichts passieren", untermauerte Arndt die Forderung nach Internetsperren im Kampf gegen Copyright-Sünder. Netz-Lobbyist Markus Beckedahl hielt dagegen, dass Ursula von der Leyen (CDU) schon einmal mit ihrem Plan für "Warnhinweise und Stoppschilder" gescheitert sei. Dafür müsse eine "Zensurinfrastruktur wie in China" aufgebaut werden. Eine solche "Risikotechnik" dürfe nicht ins offene Netz eingepflanzt werden. Die Internetnutzung sei für ihn zudem ein Grundrecht, das man nicht einfach beschneiden dürfe. Es gebe darüber hinaus kaum Angebote, die ein "geändertes Mediennutzungsverhalten" befriedigten.

Fred Breinersdorfer, Drehbuchautor des X-Filme-Streifens Sophie Scholl, verglich die "organisierte Kriminalität" hinter Portalen zur Verbreitung nicht-lizenzierter audiovisueller Werke mit dem Drogenhandel. Über eine "gewisse Freistellung" der Filmnutzung mithilfe pauschaler Vergütungsmodelle könne man zwar nachdenken. Parallel nötig sei aber ein "abgestuftes System mit Warnungen", die am besten die Kriminalpolizei abgeben sollte. Bei entsprechenden Hinweisen an die Nutzer, dass der nächste Schritt rechtswidrig sein könnte, handle es sich um eine "freie Meinungsäußerung", die mit Zensur "nichts zu tun hat".

Der Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), Matthias Leonardy, bezichtigte "selbsterklärte Freiheitskämpfer", die "Denial of Service"-Attacken auf die Webseite der Branchenorganisation nach dem Schließen von kino.to durchgeführt hätten, der Zensur. Hier sei ein "digitaler Lynch-Mob" am Werk gewesen. Nach der Polizeiaktion hätten Viele über die Legalität von Streaming-Angeboten nachgedacht und einige einschlägige Portale von sich aus dicht gemacht. Das Problem der "Piraterie" sei damit aber nicht aus der Welt, sodass für haltbare Antworten die Politik gefragt sei.

Mark Chung, Chef des Verbands unabhängiger Musikunternehmen (VUT), wollte von einer Fehde zwischen dem freien Netz und der "Rechte-Lobby" nichts wissen. Festzustellen sei vielmehr ein Interessenskonflikt mit Geräteherstellern, Technologieanbietern und neuen Mittelsmännern, "die nicht in Künstler investieren". Tim Renner, früherer Chef von Universal Music Deutschland, verwies darauf, dass die Mehrheit der Nutzer von Streaming-Plattformen für "Stützdienste" zur Erhöhung der Übertragungsqualität zu zahlen bereit sei. Die einschlägigen Portale seien daher mit legalen attraktiven Angeboten zu schlagen, während der technologische Wandel nicht zurückgedreht werden könne. (vbr)