Kann man 270.000 Online-Shops in drei Monaten umbauen?

Die Bundesregierung will die Button-Pflicht, die alle Betreiber von Internetshops betrifft. Im Gesetzentwurf ist nur eine Übergangsfrist von drei Monaten für den Umbau vorgesehen. Ob dies bei mehr als 270.000 Onlineshops wirklich klappen kann, darf bezweifelt werden.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Die Bundesregierung hat im August den Entwurf für ein Gesetz "Zum besseren Schutz von Verbrauchern vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr" beschlossen, das jetzt seinen Weg im Gesetzgebungsverfahren nimmt. Das Gesetz schreibt für den Internethandel die Einführung eines Buttons vor, durch den ein Verbraucher erkennen soll, dass eine Bestellung Geld kostet. Zum Schutz des Verbrauchers vor Abo- bzw. Kostenfallen sollen bei kostenpflichtigen Online-Angeboten zudem in einer genau vorgeschriebenen Art und Weise über die wesentlichen Merkmale der Ware, Preis und Lieferkosten, Mindestlaufzeit von Verträgen sowie weitere Hinweise auf Steuern und Kosten dargestellt werden.

"Nach meiner Auffassung ist dies der weitreichenste und für den Internethandel einschneidenste Gesetzentwurf, den es je gab", erklärt Rechtsanwalt Johannes Richard.

Ein Vertrag wird im Internet zukünftig mit einem Verbraucher nach Inkrafttreten des Gesetzes und nach Ablauf der Übergangsfrist nur noch dann zustande kommen, wenn der Verbraucher durch einen Button ausdrücklich bestätigt, dass ihm klar ist, dass er sich bei einer Bestellung zur Zahlung verpflichtet. Die Gestaltung des Buttons muss eindeutig sein, dem Gesetzgeber schwebt hier die Formulierung "zahlungspflichtig bestellen" vor.

Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Zu seinen Schwerpunkten gehören das Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Fernabsatzrecht und insbesondere die rechtliche Beratung von eBay-Auftritten und Internetshops.

Wichtig: Die Button-Lösung soll dem Schutz des Verbrauchers dienen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass reine B2B-Shops die Button-Lösung nicht einführen müssen. Auch gilt die Regelung nicht für Verträge, die ausschließlich durch "individuelle Kommunikation", also z.B. per Mail zustande kommen. Trotzdem müssen wohl mehr als 270.000 Online-Shops in Deutschland nach Inkrafttreten des Gesetzes innerhalb einer dreimonatigen Übergangsfrist entsprechend umgebaut werden. Diese Frist sei viel zu kurz, kritisieren Juristen und Verbände.

"Wird die neue Informationspflicht nicht ordnungsgemäß umgesetzt, ist der Vertrag null und nichtig", erklärt Rechtsanwalt Richard. "Es geht somit nicht nur – wie in der Vergangenheit – um wettbewerbsrechtliche Probleme. Dass eine entsprechende fehlende Information mit Bestätigungsmöglichkeit im Weiteren wettbewerbswidrig wäre, versteht sich an dieser Stelle schon fast von selbst."

Die Schaltfläche muss gut lesbar und mit den Wörtern "zahlungspflichtig bestellen" oder einer ähnlichen eindeutigen Formulierung beschriftet sein. "Wir kennen aktuell keinen einzigen Internetshop, der die gesetzlichen Voraussetzungen des Gesetzentwurfes erfüllt", so Richard. Dies gelte insbesondere für die Darstellung der Button-Pflicht. Es könnte durchaus sein, dass gar nicht genug Designer und Programmierer zur Verfügung stehen, um eine Aktualisierung von über 270.000 Shops zu gewährleisten, warnt der Rechtsanwalt. Schließlich arbeite nicht jeder Shop mit aktueller Standard-Software für die es "nur" ein Update braucht. "Unsere Prognose ist jedenfalls, dass es auf dem Markt für Shop-Programmierer nach Inkrafttreten des Gesetzes sehr eng werden wird."

Der Praxistipp des Juristen: "Alle Shopbetreiber sollten sich möglichst schnell mit der Frage beschäftigen, ob die eigene Shop-Lösung updatefähig ist, wer diese Updates anbietet, ob sie tatsächlich fristgerecht kommen werden und wie hoch der tatsächliche technische Aufwand ist. Wer eine Shop-Software verwendet, die nicht mehr weiter gepflegt wird, sollte sich frühzeitig nach Ersatz umsehen." (Marzena Sicking) / (map)
(masi)