Apple veröffentlicht iOS 5

Die fünfte große Version des Betriebssystems für iPhone, iPad und iPod touch enthält zahlreiche Verbesserungen und einige große Neuerungen – darunter die Abnabelung von iTunes und ein komplett überarbeitetes Benachrichtigungssystem.

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Von
  • Leo Becker

Apple beginnt in diesen Minuten mit der Freigabe von iOS 5. Das Update ist kostenlos über iTunes erhältlich und steht nach und nach für iPhone 4, iPhone 3GS, iPad 2, iPad und den iPod touch der dritten sowie vierten Generation zum Download bereit. Auch die Settop-Box Apple TV (2. Generation) wird mit einem Update bedacht. Die Größe variiert je nach Gerätemodell zwischen 400 und 700 MByte. Das neue iPhone 4S wird vom Verkaufsstart an mit iOS 5 ausgeliefert, Mac & i konnte das Gerät bereits einem Kurztest unterziehen.

Zu den größten Neuerungen zählt die Abnabelung von iTunes: iOS 5 kann zwar weiterhin mit iTunes synchronisiert werden – ab Version 10.5 auch über WLAN – setzt Apples Mediensoftware aber nicht mehr zwingend voraus: Die Aktivierung übernimmt das Gerät selbst, sofern eine Internetverbindung besteht. Daten können von verschiedenen unterstützten Onlinediensten bezogen werden und Backups sind über den ebenfalls für heute angekündigten Onlinedienst iCloud möglich. iOS-Updates liefert Apple künftig ebenfalls "Over-the-Air" aus und erlaubt eine iTunes-freie Installation direkt auf dem Gerät. Auch vereinnahmt iTunes das iOS 5-Gerät während eines Synchronisationsvorganges nicht mehr komplett: iPhone, iPad und iPod touch kann man nun währenddessen weiterbenutzen.

iOS 5 unterstützt neben dem Online-Backup etliche weitere iCloud-Dienste, darunter E-Mail sowie den Abgleich von Kontakten, Kalendern, Aufgaben, Notizen und Bookmarks. Photo Stream lädt nach Aktivierung alle neu geschossenen Fotos auf Apples Server und verteilt diese auf alle angebundenen iOS-Geräte, Apple TV sowie Macs und Windows-Rechner. iCloud übernimmt zudem den Abgleich von Daten und Einstellungen einzelner Apps, wenn der jeweilige Entwickler dies integriert hat. Hier dürften bald weitere Updates folgen.

Die zweite entscheidende Änderung liegt in der kompletten Renovierung des Benachrichtigungssystems. Neu eingegangene Nachrichten kann iOS nun wahlweise für einige Sekunden dezent am oberen Bildschirmrand einblenden und sammelt diese anschließend im Benachrichtigungszentrum. Das ist mit einem Fingerwisch von der Statusleiste in Richtung Bildschirmmitte aus allen Apps sofort zu erreichen. Die Auswahl einer Nachricht führt unmittelbar in die zugehörige App. Im Sperrbildschirm bewahrt iOS 5 neue Nachrichten nun ebenfalls auf.

Neu ist außerdem der in die Nachrichten-App integrierte Dienst iMessage zum Verschicken von Kurznachrichten, Fotos und Videos an andere iOS-5-Nutzer – dieser greift auf die jeweils vorhandene Internetverbindung zurück und umgeht den meist teuren Weg via SMS oder MMS. Ob der Empfänger über den neuen Dienst erreichbar ist, prüft die App eigenständig und verschickt andernfalls die Nachricht auf herkömmlichem Weg. Die Kamera-App erlaubt nun einen schnelleren Zugriff aus dem Sperrmodus nach einem Doppelklick auf den Homebutton und die Fotos-App bietet rudimentäre Bearbeitungsfunktionen zum Zurechtrücken, Beschneiden und automatisierten Verbessern des Bildes.

In vertraute Apps flossen ebenfalls eine Reihe von Verbesserungen ein: Die Kalender-App reagiert auf Gesten und zeigt auf dem iPhone im Querformat eine Mehrtagesansicht. Einzelne Termine lassen sich darin mit dem Finger verschieben oder in ihrer Dauer anpassen. Das iPad bietet einen Jahresüberblick mit integrierter "Heatmap", die besonders terminreiche Zeiten rot visualisiert. Die Mail-Anwendung kommt deutlich besser mit Offline-Situationen zurecht und erlaubt das Markieren (Flag) von E-Mails. Safari gibt sich teils schneller und erhielt die aus der Desktop-Version bekannte Reader-Ansicht zum störungsfreien Lesen von Onlineartikeln. Auf dem iPad kann der Nutzer zwischen bis zu neun verschiebbaren Tabs wechseln.

Als neue Standardanwendung landet "Erinnerungen" auf dem Homescreen. Die App nimmt Aufgaben entgegen und bietet eine Erinnerungsfunktion, die sich beim Aufsuchen oder Verlassen eines bestimmten Ortes meldet (nur auf iPhone 4S und iPhone 4). Die Synchronisation der hinterlegten Aufgaben übernimmt iCloud. Newsstand (Zeitungskiosk) ist ebenfalls ein Homescreen-Neuling und stellt gewissermaßen einen Ordner dar, der dafür angepasste Apps mit In-App-Abo aufnimmt. Er ermöglicht den Publikationen, einmal täglich neue Inhalte im Hintergrund zu beziehen, so dass diese beim Öffnen der App nicht erst geladen werden müssen. Innerhalb des Newsstand-Ordners befindet sich außerdem ein Link, der in den App-Store-Bereich mit digitalen Zeitungen und Zeitschriften führt.

Apple hat außerdem Twitter integriert – eine Reihe von Apps bietet direkte Anbindung zur Veröffentlichung von Tweets oder Fotos über den Kommunikationsdienst. Drittentwickler können die systemweit hinterlegten Twitter-Account-Daten ebenfalls nutzen und ersparen dem Nutzer dadurch die erneute Eingabe; Tweetbot und der offizielle Twitter-Client greifen darauf beispielsweise schon zurück. Der Nutzer kann außerdem Twitter nach Profilbildern für seine hinterlegten Kontakte durchforsten.

Zu den weiteren Neuerungen zählen neue Multitouch-Gesten auf dem iPad 2, um unter anderem zwischen Apps zu wechseln, die drahtlose Spiegelung des Bildschirms per AirPlay Mirroring auf iPad 2 und iPhone 4S sowie eine Reihe von Verbesserungen bei Apples Spielenetzwerk Game Center: Dieses lässt nun auch öffentliche Profile und die Vergabe eines Profilbildes zu. Dazu gesellen sich etliche kleinere Neuerungen, beispielsweise ein systemweites Wörterbuch, das über das Textauswahl-Popup einzelne Begriffe definiert oder die Textkürzel, die bestimmte getippte Abkürzungen automatisch ausschreiben.

[Update: Zu den Apple-TV-Neuerungen in Version 4.4 zählt die Unterstützung für Photo-Stream und AirPlay-Mirroring. In den USA wurden außerdem neue Video-Inhalteanbieter wie die Eishockeyliga NHL und das Wall Street Journal hinzugefügt.]

Eine Reihe der Änderungen hatte Mac & i bereits zusammengestellt und beleuchtet iOS 5 außerdem ausgiebig in der aktuellen Heftausgabe 3.

[Update: iOS 5 und Apple TV 4.4 schließen eine Reihe von Sicherheitslücken, so entfernt das Update beispielsweise die Zertifizierungsstelle DigiNotar aus der Liste der vertrauenswürdigen Stammzertifikate.] (lbe)