Bundestag verlängert Anti-Terror-Befugnisse

Mit den Stimmen der Koalition und der SPD hat das Parlament einen Entwurf zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes verabschiedet, mit dem geheimdienstliche Kompetenzen um vier Jahre fortgeschrieben und erweitert werden.

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Mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition und der SPD hat der Bundestag am Donnerstagabend den umstrittenen Regierungsentwurf zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes mit leichten Modifikationen verabschiedet. Grüne und Linke votierten dagegen. Mit dem Vorstoß werden eine Reihe geheimdienstlicher Kompetenzen aus dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) um vier Jahre fortgeschrieben und zum Teil ausgedehnt. Generell geht es vor allem um Auskünfte, die Nachrichtendienste bei Banken, Fluggesellschaften, Reisebüros, Postdienstleistern oder den Anbietern von Telekommunikations- und Telediensten über Terrorverdächtige einholen können.

Ergänzend zur bisherigen Rechtslage dürfen Staatsschützer und andere Aufklärer künftig zentrale Buchungssysteme von Luftfahrtunternehmen anzapfen. Bei Finanzunternehmen wird ihnen eine Möglichkeit auch zur Abfrage von Kontostammdaten eingeräumt. Mit der von den Koalitionsfraktionen beschlossenen Ergänzung soll der Rechtsschutz der Betroffenen gestärkt werden. Sie führt eine neue Mitteilungspflicht über heimliche Überwachungsmaßnahmen bei der Abfrage von Bestandsdaten aus der Telekommunikation ein, um Geheimdienstaktionen gegebenenfalls überprüfen zu können. Ferner soll die " G 10"-Kommission des Parlaments, die für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist, darüber entscheiden, ob eine Benachrichtigung nach dem Einholen von Fluggastdaten und Kontoinformationen verschoben wird.

Bedenken von Sachverständigen, dass die neu eingeführte Auskunftspflicht der im Gesetz aufgeführten Unternehmen das verfassungsrechtliche Trennungsgebot zwischen den Befugnissen von Nachrichtendiensten und der Polizei unterlaufe, schlossen sich die Abgeordneten der Fraktionen von CDU/CSU und FDP nicht an. Experten befürchten, dass mit den eingefügten Unschärfen eine neue Geheimpolizei entstehen könne.

Angesichts der vorgerückten Stunde gaben die vorgesehenen Redner für die abschließenden Lesungen der Initiative ihre Beiträge zu Protokoll. Im Vorfeld der Abstimmung hatten Vertreter der Koalition für ihren Ansatz geworben. Schon der Gesetzentwurf, auf den sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP) nach zähem Ringen geeinigt hatten, sei "ein großer Schritt in die richtige Richtung" gewesen, erklärte die Innenexpertin der Liberalen, Gisela Piltz.

Die SPD-Fraktion zeigte sich mit dem Gesetz, gegen das der Bundesrat in einer ersten Stellungnahme keine Bedenken erhoben hatte, insgesamt zufrieden. Sie beklagte im Innenausschuss aber, dass eine Neuauflage der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung nicht erfolgt sei, weshalb "eine wichtige Sache fehlt". Die Linke bemängelte, dass die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen nicht unabhängig überprüft worden sei. Sie lehnte insbesondere die Erweiterung der Befugnisse ab. Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland, monierte, der Zugriff auf Buchungssysteme und zentrale Bankdaten ermögliche die Bildung umfassender Persönlichkeitsprofile. Dies verbiete das Grundgesetz. Die nicht klar ausgeschlossene Befugnis zur exekutiven Durchsetzung der Geheimdienstkompetenzen bezeichnete der Oppositionspolitiker als einen Verfassungsbruch durch die Hintertür, mit dem zugleich "ein Grundpfeiler unserer Sicherheitsarchitektur zum Sperrmüll gegeben wird". Aus bürgerrechtlicher Perspektive stelle das Gesetz eine Zumutung dar. (jk)