Apple und AMD: Llano für den MacBook Air?

Mit den GPU-CPU-Kombiprozessoren Llano hätten MacBook-Air-Besitzer "ein mehrfaches an GPU-Leistung gewonnen und ein bisschen CPU-Leistung verloren", heißt es zu Spekulationen um Apple-Notebooks mit AMD-Prozessoren und ein gescheitertes Projekt für ein MacBook Air mit Llano-APU. Diese Argumentation greift allerdings zu kurz.

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Seit einigen Monaten liefert die Firma Apple ihre kompakteste Notebook-Serie MacBook Air mit Intel-Prozessoren der Sandy-Bridge-Generation aus. Zuvor steckte noch der betagte Core 2 Duo in den flachen Gehäusen, in denen wenig Platz für die Kühlung bleibt: Die Rechner sind deshalb mit besonders sparsamen Prozessorvarianten bestückt. Nach einem Bericht der US-Webseite SemiAccurate.com hatte Apple ursprünglich vor, Prozessoren von AMD statt Intel für die aktuelle Generation des MacBook Air mit 11,6 oder 13,3 Zoll Bildschirmdiagonale zu verwenden. Demnach war die Entwicklung eines Gerätes mit einem Serie-A-Prozessor von AMD schon weit fortgeschritten: Diese von AMD Accelerated Processing Units (APUs) genannten "Llano"-Chips vereinen je zwei oder vier CPU-Kerne mit einem Radeon-HD-6000-Grafikprozessor.

Wie SemiAccurate.com unter Berufung auf mehrere anonyme Quellen weiter berichtet, hätte AMD die von Apple benötigten Mengen an besonders sparsamen Llano-Prozessoren nicht liefern können. Das sei einer der Gründe für das Scheitern des Projektes gewesen. Mit Llano hätten MacBook-Air-Besitzer aber "ein mehrfaches an GPU-Leistung gewonnen und ein bisschen CPU-Leistung verloren". Diese Argumentation greift allerdings zu kurz.

Zurzeit lässt Apple in die MacBook-Air-Varianten drei verschiedene Intel-Prozessoren mit jeweils zwei Kernen, Hyper-Threading und 17 Watt Thermal Design Power (TDP) löten, nämlich Core i5-2467M (1,6 GHz), Core i5-2557M (1,7 GHz) und Core i7-2677M (1,8 GHz). Alle drei besitzen 3 oder 4 MByte L3-Cache und eine Turbo-Funktion, sodass sie bei nur einem belasteten CPU-Kern auf 2,3, 2,7 beziehungsweise 2,9 GHz hochtakten. Die integrierte HD-3000-GPU läuft bei den 17-Watt-Typen normalerweise bloß mit 350 MHz und in der Spitze mit 1,13 bis 1,3 GHz. Bei den 35-Watt-Mobilprozessoren der Sandy-Bridge-Generation liegt die GPU-Frequenz bei minimal 650 MHz, die CPU-Kerne laufen durchweg mit mehr als 2 GHz.

Die Taktfrequenzen müssen im Vergleich zu den normalen Mobilprozessoren also erheblich sinken, um die Kernspannung so weit drosseln zu können, dass die 17-Watt-Marke eingehalten werden kann. Der Grafik-Teil hat dabei erheblichen Anteil an der gesamten Leistungsaufnahme und liefert trotzdem tatsächlich nur bescheidene Resultate. Immerhin jedoch zeigen Benchmarks, dass es selbst die HD 3000 der 17-Watt-Prozessoren mit dem Nvidia GeForce 320M der älteren MacBook-Air-Generation aufnehmen kann. Gleichzeitig liegt die CPU-Performance sehr viel höher: Im Cinebench R10 rechnet schon der "kleinste" Core i5 des neuen MacBook Air um mehr als 50 Prozent schneller als der alte Core 2 Duo SL9400 mit 1,86 GHz. Die für sehr viele Anwendungen wichtige Single-Thread-Performance ist dank Turbo Boost sogar noch deutlicher gewachsen.

Über die Bedeutung der GPU-Performance bei Subnotebooks mit vergleichsweise kleinen Displays lässt sich streiten. Schon Intels HD 3000 unterstützt unter Mac OS X Quartz Extreme und kann die CPU-Kerne beim Abspielen von (HD-)Videos entlasten. Nur bei der 3D-Beschleunigung kann die Radeon-GPU der Llano-APUs der HD 3000 also wesentlich überlegen sein; unter Windows punktet AMD zudem mit besseren und funktionsreicheren Treibern. Wie viel 3D-Beschleunigung ein hypothetischer Low-Power-Llano aber liefern könnte, ist unklar.

Bisher hat AMD ausschließlich 35- und 45-Watt-Versionen der mobilen Serie-A-APUs im Angebot. Es gibt drei 35-Watt-Ausführungen mit sehr unterschiedlicher GPU, nämlich Radeon HD 6620G, 6520G und 6480G. Erstere besitzt 400 Shader-Einheiten, die mit bis zu 444 MHz arbeiten, und ist mindestens doppelt so schnell wie Intels beste HD-3000-Ausführungen. Die Radeon HD 6520G mit 320 Shadern und 400 MHz erreicht aber theoretisch höchstens 70 Prozent der Rechenleistung der HD 6620G und bei der HD 6480G mit lediglich 240 Shadern (444 MHz) sind es nur 60 Prozent. Wie viele Shader-Kerne AMD aus einem Budget von etwa 17 Watt TDP speisen könnte, weiß zurzeit niemand. Somit ist auch unklar, wie groß der 3D-Vorsprung eines Low-Power-Llano vor einem Core i5-2557M wäre.

Ebenso kann man auch über die potenzielle Rechenleistung der CPU-Kerne eines Low-Power-Llano nur spekulieren, denn AMD hat solche Varianten bisher nicht angekündigt. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass es AMD schaffen würde, eine APU mit vier CPU-Kernen und kräftiger GPU als 17- oder auch nur 20-Watt-Version zu fertigen – viel eher käme eine Dual-Core-Version infrage. Doch selbst der 35-Watt-Llano A4-3300M bleibt mit seinen beiden Kernen und 1,9 GHz Taktfrequenz im Cinebench hinter dem Core 2 Duo SL9400 zurück. Dank Turbo dürfte die Single-Thread-Performance eines Spar-Llano wohl höher liegen als bei diesem alten Intel-Chip, allerdings wiederum deutlich unter der einer Sandy-Bridge-CPU. In Multi-Threading-Benchmarks würde ein Llano mit zwei Kernen und weniger als 1,9 GHz Taktfrequenz schätzungsweise 50 bis 70 Prozent der Rechenleistung eines Core i5-2557M liefern – man verlöre also deutlich mehr als bloß "ein bisschen" CPU-Performance.

Den Einsatz von AMD-Prozessoren dürfte Apple trotzdem als ernsthafte Alternative prüfen. Erstens ist es für Gerätehersteller ganz allgemein sinnvoll, eine zweite Lieferquelle für wesentliche Komponenten zu erschließen. Zweitens könnte Apple mit einem billigeren Gerät zusätzliche Käufer anlocken. Drittens ist die GPU-Performance ein wichtiger Pluspunkt der Llano-Chips. Viertens ist AMD als Radeon-Hersteller ein langjähriger Vertragspartner von Apple. Fünftens wäre ein alternativer Prozessor ein starkes Argument in (Preis-)Verhandlungen mit Intel.

Doch abgesehen von der hohen CPU-Performance und der anscheinend problemlosen Lieferfähigkeit kann Intel auch mit Thunderbolt gegen AMD punkten. Der im AMD-Chipsatz A70M integrierte USB-3.0-Controller ist für Apple hingegen bisher weniger interessant. Die externe PCI-Express-Schnittstelle Thunderbolt hätte mit einer AMD-CPU aber wohl nicht in die aktuelle MacBook-Air-Generation Einzug halten können, sondern frühestens 2012: Dann sollen auch Windows-Notebooks mit Thunderbolt kommen. Ob sich Thunderbolt mit PCIe-Zusatzchips in beliebige Systeme einbauen lässt, ist aber noch offen. Schon Anfang 2012 will jedenfalls AMD eine neue Generation von Serie-A-Prozessoren vorstellen: Die Trinity-APUs mit Bulldozer-Prozessorkernen der zweiten Generation (Piledriver) und Radeon-HD-7000-GPU. AMD hat bereits versprochen, dass Dual-Core-Trinity-Versionen auch in besonders sparsamen Versionen für ultraflache Notebooks erscheinen sollen. Diese Chips könnten wesentlich attraktiver sein für kommende Apple-Geräte, sofern der AMD-Auftragsfertiger Globalfoundries die Produktion dieser 32-Nanometer-Chips in den Griff bekommt. (ciw)