Pakistanische SMS-Zensur vertagt

Ursprünglich sollten die Netzbetreiber seit Mittwoch Kurzmitteilungen filtern, die Wörter aus einer 1700 Einträge umfassenden Liste enthalten. Inzwischen teilte die Regulierungsbehörde PTA mit, die Anordnung müsse vorerst nicht umgesetzt werden.

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Die Zensur "obszöner" SMS in Pakistan soll nun später und mit einer wesentlich kürzeren Liste verbotener Wörter eingeführt werden. Dies hat die pakistanische Telecom-Regulierungsbehörde PTA mitgeteilt. Grundsätzlich auf die bei Netzbetreibern wie Endkunden unbeliebte Zensur verzichten will sie aber nicht: Ein Arbeitskreis soll einen neuen Index erarbeiten. 2009 wurden in Pakistan über 150 Milliarden SMS verschickt – 128 pro Monat und Anschluss.

Montag vergangener Woche hatte die PTA die Einführung einer SMS-Zensur binnen sieben Tagen angeordnet. Seit Montag sollten also Textnachrichten mit "obszönem" Vokabular in Pakistan nicht mehr zugestellt werden. Rund 1700 Wörter und Wortgruppen in Englisch (PDF) und Urdu (PDF) definierte die Behörde als "obszön", darunter Vokabeln für Körperteile, nicht-heterosexuelle Orientierung, Monatshygiene, diverses Ordinäres, aber auch Begriffe wie Taxi, Jesus Christus und Fußpilz.

Die Menschenrechtsorganisation Bytes for All (B4A) veröffentlichte die Listen. Ein Teil der Nutzer reagierte wütend, andere zogen die PTA durch den Kakao. Die Netzbetreiber aktivierten am Montag die Zensur nicht und verlangten "Klarstellungen" und weitere "Diskussionen". Daraufhin verlängerte die Behörde die Frist bis Mittwoch.

Inzwischen rudert die PTA noch weiter zurück: Die Anordnung sei nur ein vorläufiger Rat gewesen und müsse vorerst nicht umgesetzt werden. Vielmehr werde jetzt ein Arbeitskreis gebildet, dem Vertreter der Netzbetreiber, der Medien, der Regierung, der Wissenschaft, der Verbraucher und der Zivilgesellschaft angehören sollen. Dort solle diskutiert und eine kürzere Zensurliste erarbeitet werden. Diese könne vielleicht nur rund ein Dutzend Begriffe umfassen. Eine Frist dafür ist noch nicht bekannt.

Der englische Teil des ursprünglich vorgesehenen Index' wurde offenbar abgekupfert. Er zeigt jedenfalls große Ähnlichkeit mit einem Skript "verbotener Wörter" für den Aufdruck auf Fan-Trikots, das der Webshop der US-Football-Liga NFL nutzt. Als 2005 Personen mit Nachnamen Gay am Bestellvorgang scheiterten, extrahierte jemand die Wortliste machte sie publik.

Pakistan versucht laufend, den Zugriff auf pornographische und "blasphemische" Webseiten zu blockieren. Davon waren auch schon Wikipedia, Facebook, YouTube und andere prominente Onlinedienste betroffen. Seit dem Sommer sind verschlüsselte Verbindungen illegal. (anw)