Smarter aufladen

Forscher bei Intel wollen Elektroautos mit Stromversorgern vernetzen. Das Projekt verspricht eine effizientere Kraftwerksauslastung – und geringere Kosten für den Fahrer.

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Forscher bei Intel wollen Elektroautos mit Stromversorgern vernetzen. Das Projekt verspricht eine effizientere Kraftwerksauslastung – und geringere Kosten für den Fahrer.

Elektroautos sind bekanntlich noch längst nicht perfekt: Die Fahrzeuge, die derzeit zu vergleichsweise erschwinglichen Preisen auf dem Markt sind, schaffen mit ihren aktuellen Batterien im Stadtverkehr Reichweiten zwischen 60 und 120 Kilometern, was der Nutzer bei längeren Fahrten einkalkulieren muss. Hinzu kommt, dass die Energieform Strom in Zukunft nicht billiger werden dürfte: Wer jede Nacht aufladen muss, sollte deshalb schon heute auf die Tarife achten.

Forscher beim Chipkonzern Intel in Irland haben nun ein integriertes Lademanagementsystem (Home Energy Management System, HEMS) entwickelt, das dem Fahrzeugführer das Nachdenken über den Füllstand des persönlichen Stromers abnehmen soll. Die Idee: Auto, Ladestation und Energienetz kommunizieren künftig direkt miteinander. Dazu arbeiteten die Intel-Wissenschaftler mit Entwicklern beim Geschäftssoftwareanbieter SAP zusammen, dessen Programme bei vielen Elektrizitätsunternehmen laufen. Weiterer Projektpartner war der Netzbetreiber Electricity Supply Board (ESB), der größte Stromversorger in der Republik Irland mit Hauptsitz in Dublin.

Elektroauto: Derzeit lädt der Nutzer, wann es ihm passt. Auf Tarife und Netz achtet er kaum.

(Bild: Intel)

Das Projekt, das sich "Context Aware Electric Vehicle Charging" (CAEVC) nennt, hatte zunächst zum Ziel, eine neue Schnittstelle zwischen den Beteiligten zu entwickeln. Eine Steuerkonsole beim Endkunden, die auch ein einfaches Tablet sein kann, erhält dann laufend Preissignale. Ist die Last im Netz beispielsweise gering, könnte das Auftanken billiger werden.

Die Steuerkonsole ist wiederum mit der Ladeeinheit in der Garage intelligent vernetzt. Statt stur sofort mit hohem Tempo aufzuladen, sobald das Elektroauto eingesteckt wird, wartet das Lademanagementsystem dann zunächst ab, wie sich der Preis entwickelt. Ist dieser beispielsweise in der Nacht um 2 Uhr besonders gering, wird der Ladevorgang aktiviert. Peaks werden gezielt umgangen. Der CAEVC-Algorithmus lernt außerdem vom Anwender: Die Software weiß, wann das Fahrzeug definitiv geladen sein muss und kann dann notfalls auch hochpreisig Strom einkaufen.

Tablet-PC mit grafischer Darstellung: Das Prototypsystem simuliert Ladezyklen und Preise.

(Bild: Intel)

"Wir wollen Elektroautos für die Nutzer bequemer machen", sagt Damian Kelly vom SAP-Intel-Collab in Belfast, der an dem Projekt beteiligt war. Der Kunde solle mehr Vertrauen in sein Fahrzeug haben: "Das System stellt sicher, dass der Nutzer stets über die notwendige Energie verfügen kann." Die möglichen Ersparnisse durch intelligente Ladevorgänge sind dabei groß. Schon jetzt waren im Prototypsystem bis zu 50 Prozent drin, wenn die ESB-Off-peak-Tarife genutzt wurden.

Das dürfte sich noch verbessern lassen, sobald Stromanbieter zu flexibleren Bepreisungen für Elektroautonutzer übergehen: Dann könnten die Kosten von Stunde zu Stunde oder gar von Minute und Minute fluktuieren, ganz nach Belastung des Netzes oder Marktsituation. Die Elektroautoflotte einer Stadt oder gar eines Landes könnte dann gezielt in den Momenten geladen werden, in denen es preislich und in Sachen Netzauslastung am geeignetsten erscheint.

Elektroauto von Innen: Auch die Bordelektronik könnte auf Daten des Stromanbieters zugreifen.

(Bild: Nissan)

Die SAP-Software beim Stromanbieter gibt die aktuelle Netzbelastung, den nächsten Preispunkt sowie den Energiemix über die CAEVC-Schnittstelle weiter. So lassen sich künftig "Real-time Contracts", Stromverträge in Echtzeit, auch mit Endkunden schließen.

Auch die Batterielebensdauer soll CAEVC optimieren: Der Algorithmus vermeidet bequeme aber akkuschädliche Schnellladezyklen, wenn sie nicht notwendig sind. "Stattdessen laden wir langsamer und zum günstigsten Preis", sagt Kelly. Das System könne auch Signale wie ein Überangebot an Windkapazität auswerten und gezielt erneuerbare Energien nutzen. "Wir nehmen all diesen günstigen Strom in unserem Ladevorgang mit."

Noch handelt es sich bei CAEVC um ein Versuchssystem. Ob und wann es erste Pilotprojekte mit Kunden gibt, ist unklar. Irland wäre vermutlich keine schlechte Testumgebung: Das Land weist einen optimalen Mix zwischen Stadt- und Landumgebung auf und der Stromanbieter ESB war bereits jetzt in die Forschung eingespannt. (bsc)