Städteportale konsterniert über Facebook-Datenschutzdebatte

Der schleswig-holsteinische Versuch, Facebook-freie Zonen zu errichten, funktioniert nach Ansicht des Städte- und Gemeindebundes nicht. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar drängt dagegen auf eine bessere Rechtsdurchsetzung.

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Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), hat den Vorstoß des schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten Thilo Weichert gegen Betreiber sozialer Netzwerke und deren Nutzer kritisiert. Die Bemühungen des Leiters des Unabhängigen Datenschutzzentrums Schleswig-Holsteins (ULD), eine "Facebook-freie Zone" im Norden zu errichten, dürften dem Vertreter der Kommunen zufolge nicht funktionieren. "Wir können nicht die ganze Welt regulieren", erklärte Habbel am Freitag auf einem Expertenforum (PDF-Datei) des kommunalen Bundesverbands Deutscher Internet-Portale (BDIP). Zugleich plädierte er dafür, "das Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit in ein neues Verhältnis zu stellen".

Laut einer ULD-Analyse sind der "Gefällt mir"-Knopf und Fanseiten von Facebook nicht mit dem deutschem und europäischen Datenschutzrecht vereinbar. Weichert hat daher Sanktionen gegen ausgewählte Betreiber entsprechender Angebote in Schleswig-Holstein angekündigt, wobei er eine verwaltungsgerichtliche Klärung anstreben will.

Habbel beklagte eine unterschiedliche Herangehensweise an die Thematik bei Bund und Ländern. Warum werde der Bürgermeister einer Kommune für deren Facebook-Auftritt mit einer Abmahnung bedroht, nicht jedoch die Bundeskanzlerin, fragte er in die Runde. Anzustreben sei eine Lösung auf internationaler Ebene, am besten im Rahmen der G8-Industriestaaten. Für Habbel ist klar, dass Städte und Gemeinden an sozialen Medien nicht vorbeikommen, da sich die Bürger "diesen neuen Kommunikationsformen stellen". Wichtig sei dabei, vom üblichen Sendemodus der Verwaltung in eine Gesprächsform umzuschalten. Natürlich müssten die Kommunen aber auch die Abläufe bei sozialen Netzwerken hinterfragen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar räumte ein, dass seine Zunft bei der Beurteilung von Facebook stärker mit einer Stimme sprechen müsse: "Das ist bisher noch nicht optimal gelungen." Es gebe zwar einen Beschluss der Konferenz der Datenschützer von Bund und Ländern. Fanpages und Like-Buttons müssten aber unterschiedlich beurteilt werden. Letztere seien nach allgemeiner Ansicht der Datenschützer nicht rechtskonform, da erhobene Daten für das Erstellen personenbezogener Nutzerprofile herangezogen werden könnten. "Wir bewegen uns in einer Grauzone", betonte Schaar. Es spreche daher vieles dafür, die Hände davon zu lassen.

Bei Fan-Seiten gebe es dagegen verschiedene Einschätzungen, ob bei einem entsprechenden Angebot einer Stadt diese Auftraggeber der Datenverarbeitung mit allen Haftungsfolgen sei oder nur Nutzer des einschlägigen Facebook-Dienstes. "Wer ein solches Medium aus nachvollziehbaren Gründen nutzt, muss damit verantwortungsvoll umgehen", gab der Datenschützer den versammelten Portalbetreibern mit auf den Weg. Anwender dürften auf jeden Fall nicht dazu gebracht werden, sensible Informationen preiszugeben. Weniger risikoreich sei es, etwa die Öffnungszeiten kommunaler Einrichtungen über eine Fanpage zu kommunizieren.

Generell müsse der Datenschutz Zähne haben, um die Bürger vor unzulässigen Praktiken zu schützen, befand Schaar. Die Anwendbarkeit und Durchsetzungskraft des deutschen Rechts gegenüber Facebook, das seine Europazentrale in Irland hat, sei daher zu stärken. Weichert sei zu verdanken, dass dieses Anliegen nun auf der Tagesordnung stehe. Dass das Bundesinnenministerium dagegen zunächst auf einen Selbstregulierungskodex setze, sei eine hilflose Reaktion auf die Hartnäckigkeit von Facebook. Einig waren sich alle Seiten, dass die Klärung der Datenschutzfragen nicht auf dem Rücken der Nutzer ausgetragen werden dürfe. Vielmehr sei der Druck auf die Kalifornier zu erhöhen, ihren Dienst rechtskonform zu betreiben. (jo)