Bundesregierung hält an Export von Überwachungssoftware fest

Berlin will den Einsatz von deutscher Zensurinfrastruktur im Ausland nicht näher unter die Lupe nehmen. Das Wirtschaftsministerium hält die bestehenden Regeln für den Export von Überwachungstechniken für ausreichend.

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Die Bundesregierung sieht trotz Berichten über das blühende Geschäft deutscher Firmen mit dem Verkauf von Überwachungssoftware an Diktaturen keinen Handlungsbedarf. Man prüfe derzeit nicht, inwiefern entsprechende Techniken zur Unterdrückung der freien Meinungsäußerung oder des Zugangs zu Informationen genutzt werden, heißt es in einer heise online vorliegenden Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen.

Staatliche Bürgschaften für Software-Exporte

Generell führt die Bundesregierung eine "verantwortungsbewusste Exportkontrolle" auch sogenannter Dual-use-Güter durch, die zivilen und militärischen Zwecken dienen, heißt es in dem Schreiben. Die bestehenden Regelungen hätten sich bewährt. Der Bund übernimmt nach Aussage des Wirtschaftsressorts auch Bürgschaften für "Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikationstechnik", die hiesige Firmen vor Verlusten durch Zahlungsausfälle schützen sollen. Für den netzpolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, erklärte, es wäre "moralisch höchst verwerflich, wenn Unrechtsregime von Deutschland aus proaktiv mit solcher Überwachungssoftware versorgt würden".

Das Wirtschaftsministerium selbst betont, Bürgschaften setzten das Vorliegen einer Ausfuhrgenehmigung voraus. Firmen wie Digitask oder Trovicor, die jüngst im Zusammenhang mit der Lieferung von Staatstrojanern und anderen Kontrolltechniken für Schlagzeilen sorgten, hätten aber keine Ausfuhrgenehmigungen beantragt. Dies gelte zumindest für Syrien auch für die Sicherheitsfirma Utimaco (Sophos). Nokia Siemens Networks habe man zudem keine Genehmigung für den Export von Zensurtechnik nach Iran erteilt.

Viel Umsatz im – noch – rechtsfreiem Raum

Allgemein unterliegt die Ausfuhr von Software im Dual-use-Bereich derzeit nur laxen Bestimmungen, die staatliche Aufsicht ist lückenhaft. Die Ausfuhr von Technologie zur Störung von Telekommunikationsdiensten sowie Techniken zur Überwachung war bislang nicht von EU-Verordnungen erfasst. Die "Wikileaks-Spyfiles" hatten vorige Woche geschätzt, dass vom Verkauf von Überwachungssoftware eine 5 Milliarden Euro schwere Softwarebranche profitiert.

Das EU-Parlament möchte diese Situation ändern und hat im September Änderungen an den Regeln für die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck beschlossen. Der Export von Hard- und Software zur Telekommunikationsüberwachung soll künftig nicht mehr allgemein genehmigt werden, wenn sie Menschenrechte, demokratische Prinzipien oder die Redefreiheit verletzen könnten. (jh)