Beschlagnahmte US-Domain nach einem Jahr zurückgegeben

Nach 12 Monaten hat ein Blogger in den USA seine von den dortigen Behörden beschlagnahmte Domain zurückerhalten. Sowohl die Beschlagnahme als auch die Aufhebung erfolgten ohne öffentlichen Prozess.

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Ein Musik-Blogger hat seine vor einem Jahr von US-Behörden beschlagnahmte Domain zurück erhalten. Er wurde nie angeklagt, erhielt keinen Zugang zu den Gerichtsakten und wurde nicht angehört. Wer die Beschlagnahme initiiert hatte, ist unklar.

Im November 2010 beschlagnahmte die Polizei- und Zollbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) in der "Operation in Our Sites" 82 Domains. Den Eigentümern wurde Handel mit gefälschten Waren oder Vergehen gegen das Urheberrecht vorgeworfen. Nach dem "2008 Pro IP"-Gesetz muss der Betroffene spätestens 60 Tage nach der Beschlagnahme über sie informiert werden. Dann hat er 35 Tage Zeit, sich zu wehren, andernfalls fällt sein Besitz an den Staat. Nach einem Widerspruch hat die Exekutive wiederum 90 Tage Zeit, auf Verfall der Domain zu klagen. Sie bleibt zumindest so lange gesperrt.

Anders lief der Hase beim Hip-Hop-Blog Dajaz1.com, betrieben vom Kalifornier "Splash". Der Musikindustrieverband RIAA gab an, dort seien anderthalb Jahre lang Links zu 2300 Musikdateien verfügbar gewesen. Laut einem Schnappschuss von archive.org enthielt Dajaz1.com tatsächlich Links auf Dateien bei Hostern wie ZShare. In den USA gibt es zur Frage der Legalität von Links auf rechtswidrig verbreiteten Dateien keine einheitliche Rechtsprechung. Dajaz1.com jedenfalls wurde selbst von prominenten Hip-Hop-Künstlern verlinkt.

Splash will regelmäßig Musik oder Links dazu von Künstlern, deren Managern oder Labeln mit der Bitte um Verbreitung erhalten haben. Der Beschlagnahmebefehl von ICE führt vier angeblich illegal verbreitete Musikdateien an – alle vier dürften aus diesem Promotion-Material stammen. Entsprechend erstaunt zeigte sich Splash vor gut einem Jahr und widersprach der Beschlagnahme.

Doch bekam er weder die Domain zurück, noch wurde Anklage erhoben. US-Medien berichten, ICE habe auf Nachfrage von Splashs Anwalt angegeben, bei Gericht eine Fristverlängerung erwirkt zu haben. Dieser Beschluss sei aber geheim. Auch der ICE-Antrag auf Verlängerung sei unter Verschluss, Slpash müsse ICE einfach vertrauen. In den Gerichtsarchiven will der Anwalt nicht einmal eine Aktenzahl gefunden haben. Das ist ungewöhnlich, da in den USA selbst brisante Fälle in der Regel zumindest mit einem Platzhalter notiert werden. Insgesamt soll es drei solcher geheimen Verlängerungen gegeben haben. Splash konnte nie vor Gericht Stellung nehmen.

Nun hat ICE die Domain ohne weitere Erklärungen zurückgegeben. "Die Regierung ist zu dem Schluss gekommen, dass das angemessene und gerechte Ergebnis war, keinen gerichtlichen Verfall der Domain zu betreiben", ließ man Arstechnica wissen.

Ob Dajaz1.com jemals seine damalige Leserschaft zurückgewinnen wird, nachdem ein Jahr lang nur ein behördlicher Hinweis auf angebliche Rechtsverletzungen angezeigt wurde, ist offen. Gegenwärtig unterstützt die Seite eine Kampagne gegen die geplante Verschärfung einschlägiger Gesetze. (ck)