Kritik an Siemens und IBM bei EDV-Projekt an Krankenhaus

Das Wiener Allgemeine Krankenhaus soll bei der Einführung eines neuen EDV-Systems gleich mehrfach geschlampt haben. Aber auch privatwirtschaftliche Unternehmen sind für die Verzögerung und Verteuerung des Projekts verantwortlich.

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Ein geheimer Bericht der Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte übt harsche Kritik an Siemens, IBM und dem Management des Wiener Allgemeinen Krankenhauses (AKH). Das AKH gilt als eines der beiden größten Krankenhäuser der Welt. Die Einführung eines neuen EDV-Systems in der Klinik hat sich erheblich verzögert und verteuert. Elf Jahre nach Projektstart ist kein Ende in Sicht, das Budget dürfte um 14 Millionen Euro überzogen werden. Dies berichtet des Magazin profil, das Auszüge aus dem Prüfbericht veröffentlicht hat.

Bettenhaus des AKH

(Bild: David Rouhani, CC BY-ND 2.0 )

Im Jahr 2000 hatten sich Stadt Wien und Republik Österreich auf die Einführung eines Informationsmanagement-Systems namens AKIM im Krankenhaus geeinigt. Budgetvolumen: 36,3 Millionen Euro. Es sollte ab 2007 Bereiche wie Operationsplanung, Ambulanzmanagement oder elektronische Befundübermittlung abdecken und außerdem die Patientendaten für die wissenschaftliche Forschung aufbereiten. IBM wurde mit der Ausschreibung beauftragt und sollte dafür 3,8 Millionen Euro bekommen. Statt dem veranschlagten dreiviertel Jahr dauerte das Ausschreibungsverfahren vier Jahre, von 2002 bis 2006. IBM kassierte schließlich 6,6 Millionen Euro.

Siemens erhielt für 18,6 Millionen Euro den Zuschlag. Da bis heute nur ein Testbetrieb in einigen Ambulanzen läuft, ließen die Behörden das Projekt durch Deloitte prüfen. Das Ergebnis ist so alarmierend, dass nun der Rechnungshof des Bundes und erneut das Kontrollamt der Stadt Wien auf den Plan gerufen werden. Das Kontrollamt hatte bereits 2007 einen Neustart empfohlen.

Prüferschelte für AKH-Management und Siemens

Deloitte kritisiert das Management des AKH. Es gäbe keinen erfahrenen Projektmanager, keine unabhängige Projektsicherung ,und auch Controlling und Buchhaltung lägen im Argen. Unerklärlich ist den Prüfern die ursprüngliche Absicht, AKIM auf einen Schlag im ganzen AKH einzuführen. Inzwischen wurde auf stufenweise Einführung umgestellt, was Terminverschiebungen, Umplanungen und noch nicht absehbare Zusatzkosten nach sich zieht.

Auch Siemens wird von Deloitte gescholten. Das Unternehmen habe sich als der Experte für die Einführung von Krankenhaus-Software dargestellt. "Von Seiten des Auftraggebers wurde daher erwartet, dass Siemens entsprechendes Expertenwissen beisteuert und sich dieses nicht erst im Laufe des Projekts aneignet", zitiert das Magazin profil.

Auf Anfrage von heise online nahm Siemens Österreich mangels Kenntnis des Prüfberichts dazu nicht Stellung. Es handele sich"um ein komplexes und ambitioniertes Projekt, das in enger Abstimmung mit dem Kunden AKH auf gutem Wege ist", erklärte ein Siemens-Sprecher.

Einen aktuellen Projektfahrplan gibt es nicht. Vielleicht kann AKIM 2014 in Betrieb gehen. (jh)