Urheberrecht: DRM soll digitale Privatkopie weiter ausstechen

Die große Koalition hat sich prinzipiell auf Änderungen am 2. Korb der Urheberrechtsnovelle geeinigt; die P2P-Bagatellklausel für Kopien aus Tauschbörsen bleibt demnach draußen, die Deckelung der Urheberabgabe soll fallen.

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Die große Koalition hat sich prinzipiell auf Änderungen am heftig umstrittenen Regierungsentwurf für die zweite Stufe der Urheberrechtsnovelle verständigt. Die vom Bundesjustizministerium geplante, vom Bundeskabinett aber abgelehnte "P2P-Bagatellklausel" für das straffreie Naschen an Tauschbörsen wird demnach nicht wieder in den so genannten 2. Korb der Reform eingeführt. Auch die insbesondere von Verbraucherschutzpolitikern und Nutzervertretern erhobene Forderung, die prinzipiell eingeräumte Möglichkeit zum privaten Kopieren gegen Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) jenseits der momentan verbliebenen rechtlichen Grauzone durchzusetzen, soll nicht aufgegriffen werden. Gestrichen werden sollen dagegen entscheidende Kriterien des Regierungspapiers zur Neuregelung der Gerätepauschale fürs eingeschränkte private Kopieren.

Das Kabinett hat bei der Festsetzung der Urheberrechtsabgabe vorgeschlagen, dass nur noch Geräte erfasst werden, die in "nennenswertem Umfang" für private Vervielfältigungen genutzt werden. Zudem war eine Kappung der Vergütungshöhe bei fünf Prozent des Gerätepreises vorgesehen. Beide Bestimmungen sollen Schwarz-Rot zufolge wegfallen. Im Lauf von vier Berichterstattergesprächen mit allen Fraktionen, haben auch die Oppositionsparteien Zustimmung an diesem Punkt signalisiert. Die Grünen und die Linken stehen dem Gesamtentwurf aber gegenwärtig weiter skeptisch gegenüber – insbesondere wegen der schwachen Ausgestaltung der Privatkopie.

Lobby-Gruppen aus Industrie und Handel hatten der Bundesregierung bei der Neufassung der Kopiervergütung vergangene Woche mit einem "Berliner Aufruf" noch den Rücken gestärkt. Die Novelle des Urheberrechts "droht ihr Ziel zu verfehlen", heißt es nun beim IT-Branchenverband Bitkom angesichts der Einigung in Koalitionskreisen. Die Fraktionen würden auch Geräte abgabenpflichtig machen wollen, die nicht vorrangig zum Kopieren von Texten oder Musik genutzt werden. Geräteindustrie und Urheberrechtsvertretungen befanden sich zuvor seit langem in einem Stellungskrieg um die Kopiervergütung. Urhebervertreter und Journalistenvereinigungen liefen Sturm gegen die Regierungspläne. Auch Experten kritisierten sie einer parlamentarischen Anhörung.

Gemäß dem Kompromissvorschlag von Schwarz-Rot sollen Bagatellfälle von der Vergütungspflicht ausgenommen werden. Es sei zudem klar, heißt es in Koalitionskreisen, dass die Ausgleichszahlung in einem angemessenen Verhältnis zum Gerätepreis stehen müsse. Eine Abgabe, die höher als der Gerätepreis ist, scheide daher aus. Die Bedenken der Geräteindustrie seien daher deutlich überzogen.

Kleine Korrekturen soll es auch bei den kaum weniger umkämpften Kopierregeln für die Wissenschaft und Bibliotheken geben. Durchgesetzt haben sich hier ebenfalls weitgehend die Rechteinhaber. So ist bei der Erlaubnis zur Einrichtung elektronischer Leseplätze geplant, dass im Regelfall zur gleichen Zeit nur die Anzahl der im Bestand einer Einrichtung vorgehaltenen Werksexemplare zugänglich gemacht werden dürfen. Bei nicht näher definierten "Belastungsspitzen" sollen Bibliotheken von dieser Einschränkung, die der Bundesrat ins Spiel brachte, aber abweichen können.

Nicht folgen will die Koalition dagegen einer anderen Anregung der Länder, bei der Ausgestaltung des Urheberrechts "den Besonderheiten von 'Open Access'- und 'Open Source'-Verwertungsmodellen Rechnung" zu tragen. Autoren sollten daher nach dem Ansinnen des Bundesrates etwa das Recht erhalten, den Inhalt eines Fachwerks im nicht-kommerziellen Umfeld und in einer gesonderten Formatierung nach Ablauf einer Mindestfrist von sechs Monaten seit Erstveröffentlichung "anderweitig öffentlich zugänglich zu machen". Fachinformationsanbieter wie subito sollen ferner auch gemäß Schwarz-Rot nur dann Zeitschriftenartikel und kleine Teile aus Büchern an Interessenten in Form einer grafischen Datei senden dürfen, wenn die Verlage selbst kein eigenes Angebot machen. Die Änderungsanträge sollen nun Anfang Juli endgültig festgezurrt und in den Ausschüssen verabschiedet werden, sodass die Novelle in der letzten Sitzungswoche des Bundestags vor der Sommerpause noch verabschiedet werden kann.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)