Datenpanne bei der Bundeswehr

Im "Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr" sind durch eine Panne wichtige Geheimdienstinformationen aus den Jahren 1999 bis 2003 gelöscht worden, berichtet "Report Mainz". Auch für den Fall Murat Kurnaz wichtige Unterlagen seien vernichtet worden.

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Das Bundesverteidigungsministerium hat laut einem Medienbericht gegenüber dem Verteidigungsausschuss eine Datenpanne eingestanden. Durch diese sei im "Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr" (ZNBw) der gesamte Bestand an Geheimdienstinformationen aus den Jahren 1999 bis 2003 vernichtet worden. Es habe sich dabei um "brisante geheime Berichte über die Auslandseinsätze der Bundeswehr" gehandelt, beispielsweise vom Bundesnachrichtendienst, von den Militärattachés im Ausland, sowie um Mitteilungen ausländischer Nachrichtendienste. Die Berichte hätten der politischen Spitze zur Beurteilung der Lage in den Ländern gedient, in denen die Bundeswehr eingesetzt ist, insbesondere Kosovo und Afghanistan. Das haben nach eigenen Angaben das ARD-Politikmagazin Report Mainz und tagesschau.de ans Tageslicht gebracht. Das Politikmagazin befasst sich in seiner Sendung am heutigen Montag um 21:45 Uhr mit dem Thema.

Die Panne sei aufgedeckt worden, als der Verteidigungsausschuss des Bundestages Unterlagen aus dem Datenbestand der Bundeswehr aus dem Jahre 2002 angefordert hatte, teilt Report Mainz mit. Der Ausschuss habe den "Beweisbeschluss" am 23. Mai dieses Jahres gefasst, um den Umgang der in Afghanistan eingesetzten "Kommando Spezialkräfte (KSK)" mit dem damaligen Häftling Murat Kurnaz in Kandahar aufzuklären. Dem Politikmagazin liege ein Schreiben an den Ausschuss vor, in dem Staatssekretär Peter Wichert einräume, dass die betreffenden Daten "Ende 2004 verlorengegangen" seien.

Meldungen von Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz, deutschen Militärattachés, vom Bundesnachrichtendienst, Auswärtigen Amt sowie von anderen deutschen Ministerien und Behörden werden zum ZnBw nach Grafschaft-Gelsdorf geschickt und dort seit 1998 in einem Computersystem namens "Jasmin" (Joint Analysis System Military Intelligence) gespeichert. Dieses System sei bereits nach wenigen Jahren an die Grenze der Speicherkapazität gekommen, erläuterte die Bundeswehr. Auch hätten Einzelkomponenten "ihre technische Lebenserwartung" erreicht. Als im Jahr 2004 versucht worden sei, die Leistung des Systems zu verbessern, seien nicht mehr direkt benötigte Daten außerhalb von "Jasmin" auf Bändern archiviert worden.

Es habe sich jedoch bald gezeigt, dass die Informationen nicht mehr lesbar waren – nach Angaben Wicherts habe nach einem technischen Defekt der Datensicherungsanlage Ende 2004 ein Austauschgerät installiert werden müssen. Bei dem Versuch, die gespeicherten Daten auf das Ersatzgerät zu übertragen, sei festgestellt worden, "dass ein Teil der Bandkassetten im Datensicherungsroboter nicht mehr lesbar war." Der Versuch, die Daten wieder zugänglich zu machen, sei gescheitert, heißt es laut dpa weiter. "Entsprechend der gültigen Vorschriften zum Umgang mit Verschlusssachen wurden die nicht mehr lesbaren Kassetten am 4. Juli 2005 vernichtet", erklärt Wichert in dem Schreiben. (anw)