EU-Regulierer: Verstöße gegen die Netzneutralität weit verbreitet

Das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation BEREC hat erste Ergebnisse seiner Studie zum Netzwerkmanagement bekannt gegeben, wonach vor allem VoIP und P2P geblockt werden.

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Viele Telekommunikationsfirmen verstoßen gegen das Prinzip des offenen Internets beziehungsweise die Netzneutralität. Das geht aus einer Studie hervor, deren erste Ergebnisse nun das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC) bekannt gegeben hat (PDF-Datei). Demnach seien die Blockade oder das Verlangsamen von Peer-to-Peer-Verkehr (P2P) sowie von Internet-Telefonaten via Voice over IP (VoIP) weit verbreitet. Letzteres betreffe vor allem den Mobilfunk. Um die Sperren einzurichten, setzten die Provider in der Regel umstrittene Techniken zum Durchleuchten des gesamten Netzverkehrs in Form von "Deep Packet Inspection" (DPI) ein.

Die für die Digitale Agenda zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes hatte die Untersuchung vor einem knappen Jahr in Auftrag gegeben, um einen möglichen Handlungsbedarf auszuloten. An der Umfrage beteiligten sich nach Angaben der BEREC rund 250 Festnetz- und 150 Mobilfunkanbieter. Auch einige Verbraucherschutzorganisationen und Wirtschaftsverbände sowie eine Handvoll Privatpersonen hätten Eingaben gemacht. Die abschließenden Resultate sollen im zweiten Quartal des Jahres veröffentlicht werden. Auf ihrer Basis will neben der Kommission gegebenenfalls auch der EU-Rat Leitlinien zur Netzneutralität vorschlagen.

Zugangsanbieter in Europa verwenden laut BEREC zahlreiche unterschiedliche Varianten fürs Netzwerkmanagement mit einem ebenso bunten Strauß an Rechtfertigungen. Rund ein Viertel der Teilnehmer setze entsprechende Techniken angeblich wegen Sicherheitsbedenken ein, um etwa Spam auszufiltern. Einige Praktiken erfüllten aber eher nur den Zweck, Staus auf dem Daten-Highway zu vermeiden. Zu unterscheiden seien dabei Ansätze, die auf einzelne Anwendungen wie Video-Streaming oder aber auf übergeordnete Schemata wie aktives Puffern abstellten. Etwa ein Drittel der beteiligten Festnetzbetreiber setze zudem auf Netzwerkmanagement, um "spezielle Dienste" wie Telefonie oder TV-Übertragungen zusammen mit den normalen Internetapplikationen anzubieten.

Die Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net sieht anhand der vorläufigen Ergebnisse den "Laisser-faire"-Ansatz der Kommission in puncto Netzneutralität als gescheitert an. Dieser erlaube es den Providern, die Grundrechte ihrer Kunden auf freien Informationszugang und auf Datenschutz im großen Stil zu verletzen. Viele der von der BEREC gemeldeten Einschränkungen des Netzverkehrs seien ungerechtfertigt. Daher müsse das Prinzip des offenen Internets rasch gesetzlich abgesichert werden. (anw)