Bwin (Betandwin) will Verbot mit Hilfe des Internets unterlaufen

Nach dem Sportwettenverbot für den größten Wettanbieter in Deutschland könnte es im Internet zu einer Blockade der Betandwin-Webseiten kommen. Die Betroffenen haben bereits angekündigt, das Verbot im Internet umgehen zu wollen.

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Das Regierungspräsidium Chemnitz hat heute Untersagungsverfügungen gegen die Betandwin e.K. im sächsischen Neugersdorf und die bwin.com Interactive Entertainment AG erlassen. Unter Androhung von Zwangsgeld wird dem Wett- und Glücksspielanbieter damit in Sachsen das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten sowie die Werbung hierfür untersagt. Als Begründung wird mitgeteilt, Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis sowie Werbung dafür seien nach § 284 StGB verboten. Betandwin könne sich nicht auf eine am 11. April 1990 vom Rat des Kreises Löbau erteilte Gewerbegenehmigung berufen. Die Sachsen verweisen auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März dieses Jahres, nach dem "die Veranstaltung von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht von einem Bundesland veranstaltet werden, verboten sind und die Verbote durchgesetzt werden können".

Der Lizenzentzug wirkt sich laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf ganz Deutschland aus. Eine behördliche Genehmigung bestehe weder in Sachsen noch in anderen Bundesländern. Notfalls könnten die Landesmedienanstalten Internet-Angebote des Unternehmens auch mit technischen Mitteln blocken, wird der sächsische Innenstaatssekretär Jürgen Staupe zitiert. Betandwin-Vorstandsvorsitzender Norbert Teufelberger bezeichnete das geplante Verbot laut Märkische Allgemeine als "reine Willkür", die auch gegen europäisches Recht verstoße. Betandwin werde im Falle eines Verbots das Oddset-Monopol auf andere Weise mit Hilfe des Internets unterlaufen. Dem Land Sachsen wurde außerdem eine Schadensersatzforderung in Höhe von mindestens 500 Millionen Euro angedroht.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Frühjahr das staatliche Glücksspielmonopol als verfassungswidrig eingestuft, wenn der Staat die Glücksspielsucht nicht glaubhafter als bisher bekämpfe. Die Richter gaben dem seinerzeit beklagten Freistaat Bayern oder alternativ dem Bund bis Ende 2007 Zeit, eine verfassungsmäßige Regelung der Sportwetten zu erlassen. Diese Regelung muss entweder eine verstärkte Bekämpfung des Glücksspiels vorsehen oder den Markt auch für private Anbieter öffnen. Die Sächsische Lotto GmbH sei den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsurteils nachgekommen, heißt es aus dem Freistaat, "unverzüglich den Schutz vor Wett- und Spielsucht sicherstellende Verhältnisse herbeizuführen". Dazu gehört beispielsweise die Beschränkung des wöchentlichen Oddset-Einsatzes auf 300 Euro pro Person, Hinweise zur Suchtgefährdung auf Spielscheinen und -quittungen sowie der Verzicht auf Banden- oder Fernsehwerbung für Oddset.

Auf der gleichen Argumentationsschiene fährt das Stadtamt Bremen in seiner Begründung für seine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Bremen. Sie richtet sich gegen eine Entscheidung des Bremer Verwaltungsgerichts vom 24. Juli, die es dem Fußball-Bundesligisten Werder Bremen vorerst wieder erlaubt hatte, für Betandwin beziehungsweise Bwin zu werben. Der Bremer Innensenator habe die Vorgaben zur Suchtprävention und Werbebeschränkung gegenüber der Bremer Toto und Lotto GmbH bereits umgesetzt. Eine Entscheidung in diesem Verfahren werde vermutlich nicht vor Ende August fallen, hieß es gestern noch in Medienberichten. Nach dem heutigen Chemnitzer Verbot ist aber Betandwin nicht mehr im Besitz einer gültigen Lizenz und besäße demnach keine Berechtigung mehr, in anderen Bundesländern einschließlich Bremen Wetten anzubieten.

Inzwischen ist dem Bremer Fußballverein eine Unterlassungsverfügung des niedersächsischen Innenministerium zugegangen, im ersten Bundesligaspiel in Hannover nicht mit dem Schriftzug "bwin" auflaufen zu dürfen. In dem Bundesland wurden laut Hannoversche Allgemeine Zeitung 398 Verfahren gegen private Wettbüros angestrengt, in denen Wetten von Bwin angeboten wurden, 134 von ihnen hätten mittlerweile den Betrieb eingestellt.

Für den Wettanbieter steht viel auf dem Spiel. Nach Analystenschätzungen hatte das Unternehmen seinen Marketingetat für dieses Jahr auf 250 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. In den deutschen Profisport würden davon allein 30 Millionen Euro gesteckt. Zwischen Oktober und Mai hatte sich der Betandwin-Börsenkurs fast verdoppelt, nun befindet er sich fast in freiem Fall, zumal rigides Vorgehen gegen Wettanbieter im Hauptmarkt für Online-Glücksspiel, den USA, das Papier im Juli bereits massiv unter Druck gesetzt hatte. Die Politiker, Juristen und Ordnungshüter hierzulande werden wohl nicht nur durch die vermehrt auftauchende Bandenwerbung schon vor Beginn der Fußballbundesligasaison aufmerksam geworden sein, sondern auch dadurch, dass Betandwin mit seiner Kundenzahl in Deutschland von einer Million und 500 Millionen Euro Wetteinsatz den staatlichen Anbieter Oddset bereits überholt hat. Dieser rechnet für dieses Jahr mit 350 Millionen Euro Gesamteinsätze. (anw)