Berlins neues Polizeisystem Poliks plagen technische Probleme

Anwender des 73 Millionen Euro teuren Vorzeigeprojekts klagen über halbstündige Anmeldeprozeduren und erhebliche Verzögerungen bei Datenabfragen.

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Die Berliner Polizei kämpft mit zahlreichen technischen Schwierigkeiten nach der Inbetriebnahme ihres neuen Computersystems Poliks. Häuften sich schon die ganze Woche über Klagen der Benutzer über erhebliche Mängel, welche die täglichen Ermittlungen deutlich verlangsamen würden, bestätigte diese nun auch die Polizeipressestelle offiziell. In einer Mitteilung ist von "teilweise stark erschwerten Arbeitsbedingungen" die Rede. Die "Geduld der Mitarbeiter" werde dadurch "in besonderem Maß auf die Probe gestellt". Nur durch das "hohe persönliche Engagement" der Beamten sei die Kriminalitätsbekämpfung "nach wie vor im erforderlichen Umfang gewährleistet." Im Zweifelsfall hätten diese für Fahndungsabfragen auf das Vorgängersystem, das Informationssystem Verbrechensbekämpfung (ISVB) zurückgreifen müssen.

Das insgesamt 73 Millionen Euro teure Poliks, das von Microsoft als Vorzeigeprojekt angeführt wird, kann bislang die beim Start geweckten Hoffnungen keineswegs erfüllen. Angekündigt war insbesondere ein sekundenschneller Zugriff auf Fahndungsdaten auch von mobilen Einsatzgeräten aus. Von Benutzern ist jetzt aber zu hören, dass es in den ersten Volllasttagen knapp eine Viertelstunde brauchte, bis das System Informationen über einen Verdächtigen ausspuckte. Über zweieinhalb Stunden sollen einzelne Benutzer für die Eingabe einer Unfallflucht benötigt haben. Allein die Anmeldung bei Poliks kann nach Betroffenenberichten zwischen 15 und 30 Minuten dauern. Manche Anwender sollen sich daher bereits die gute alte Schreibmaschine zurückwünschen. Auch der Traum vom papierlosen Büro erfüllt sich mit Poliks noch lange nicht: Die Staatsanwaltschaft hat noch kein vergleichbares System in Betrieb, mit dem sie die elektronischen Eingaben der Polizisten entgegennehmen könnte. Insgesamt beklagen Beamte das "Verschlingen von Millionenbeträgen an Steuergeldern".

Ob Poliks "ein Flop" ist, wie der Personalrat des Landeskriminalamts Berlin bereits nach den Probeläufen vor einem Monat fürchtete, oder ob es sich bei den momentanen Problemen um Kinderkrankheiten handelt, wird sich zeigen müssen. Das System sei "unter Hochdruck" und nach einer aufwendigen Fehleranalyse in der Nacht zum Donnerstag "optimiert" worden, gibt sich die Polizeipressestelle optimistisch. Nach dem Austausch einzelner Hardware-Komponenten und Betriebsunterbrechungen laufe das zentrale System nun stabiler. Für "einen Teil der Mitarbeiter" sollen "spürbare Verbesserungen" eingetreten sein. Spezialisten seien aber weiterhin rund um die Uhr beschäftigt, Poliks "in der gewünschten Form für alle Anwender nutzbar zu machen." (Stefan Krempl) / (anw)