Iran will sich vom Internet abkoppeln

Die iranische Regierung will vermeiden, dass in dem Land "kriminelle, unmoralische, Uneinigkeit stiftende und atheistische Inhalte" verbreitet werden können. Daher sollen ab August ausländische Webseiten nur noch sehr eingeschränkt erreichbar sein.

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Vom Iran aus sollen demnächst ausländische Webseiten nur noch sehr eingeschränkt erreichbar sein. Das hat laut einem Bericht der International Business Times der iranische Minister für Informations- und Kommunikationstechnik bekannt gegeben. Ab August sollen demnach alle iranischen Internet Service Provider (ISP) nur noch den Zugang zu einem "Nationalen Internet" zulassen. Damit würden Pläne umgesetzt, die vor knapp einem Jahr bekannt wurden.

In einer ersten Phase, die im Mai beginnen soll, werde zunächst nur der Zugang zu Such- und E-Mail-Diensten wie Google, Hotmail und Yahoo blockiert. Diese sollen durch Dienste ersetzt werden, die vom Iran in einem eigenen "Intranet" installiert würden. Für den iranischen E-Mail-Dienst müssten sich die Nutzer mit ihrem Namen, ihrer Adresse und ID-Nummer registrieren. Dafür steht ihnen bereits eine eigene Webseite bereit.

Ab August sollen die Iraner nur noch auf ein "iranisches Intranet" zugreifen können, heißt es weiter in dem Bericht. Zulässige ausländische Seiten sollen in einer White List festgehalten werden. Außerdem will die iranische Regierung Kontrolle über Proxy-Server bekommen, mit denen Sperren umgangen werden können. Damit wolle die iranische Regierung vermeiden, dass "kriminelle, unmoralische, Uneinigkeit stiftende und atheistische Inhalte" verbreitet werden können.

Über derlei hatte sich beispielsweise im Januar ein hoher iranischer Geistlicher, Ajatollah Lotfollah Safi-Golpaygani, geäußert. Seiner Meinung nach ist die Mitgliedschaft in dem sozialen Netzwerk Facebook eine "Sünde", da dort Unsittlichkeit propagiert und der religiöse Glaube geschwächt werde. Dennoch sind aber 17 Millionen Iraner dort Mitglied, wie der IT-Verantwortliche der paramilitärischen Organisation Basij, Mehdi Jafari im Oktober anmerkte. Seiner Meinung nach seien alle Bemühungen der Regierung gescheitert, den freien Informationsaustausch im Internet zu kontrollieren. Bisher sorgen im Iran die ISP anhand staatlich verordneter Filter dafür, dass viele Webseiten von dem Land aus nicht erreichbar sind. Im Februar dieses Jahres kappte das Land sichere Internet-Verbindungen.

[Update]:
Die iranische Regierung hat den Bericht über die Einrichtung eines "nationalen Internets" im August dementiert. Es handele sich um eine Falschmeldung, die nur die westliche Propaganda nähre, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Das schon vor einiger Zeit bekannt gewordene Vorhaben, ein nationales Netz zu schaffen, stellte das Ministerium aber grundsätzlich nicht in Frage. Die Website des iranischen Ministeriums für Informations- und Kommunikationstechnik ist von außen nicht erreichbar. (anw)