Softwarebilliger.de erwirkt Verfügung gegen Microsoft

Laut Beschluss des LG Hamburg darf der Softwareriese nun nicht mehr erklären, er warne vor dem Kauf gefälschter Marken-Software bei Softwarebilliger.de.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 153 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Georg Schnurer

Softwarebilliger.de hat im Streit mit Microsoft um den Vertrieb von Gebrauchtsoftware einen wichtigen Punkt gemacht: Auf Antrag des Händlers erließ das Landgericht Hamburg am 2. April 2012 ohne mündliche Verhandlung im Dringlichkeitsverfahren eine einstweilige Verfügung (LG Hamburg, Az. 327 O 141/12). Diese untersagt Microsoft die weitere Verbreitung zentraler Passagen einer Pressemitteilung vom 13. März 2012. Der Softwarehersteller darf nicht mehr erklären, er warne vor dem "Kauf von gefälschter Markensoftware auf www.softwarebilliger.de". Außerdem darf Microsoft nicht weiter behaupten, der Berliner Händler von Gebrauchtsoftware vertreibe entgegen gerichtlicher Anordnung und laufender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin über seinen Web-Shop gefälschte Datenträger. Ebenfalls untersagt wurde die Behauptung, der "Verkauf von Fälschungen geht weiter" sowie die Aussage "Rechtsmittel der Betreiber von www.softwarebilliger.de bleiben bislang erfolglos". Im Falle eines Verstoßes droht Microsoft ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft gegen den verantwortlichen Deutschland-Geschäftsführer. Microsoft hat die beanstandete Pressemitteilung inzwischen von der eigenen Webseite entfernt.

"Wir haben uns erfolgreich gegen die rufschädigende Kampagne von Microsoft zur Wehr gesetzt" kommentierte Elmar Ewaldt, Geschäftsführer der TYR Holding, Betreiber von Softwarebilliger.de. Man werde sich auch weiterhin gegen die haltlosen Vorwürfe von Microsoft wehren und erwarte, dass das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Berlin dies bestätigen werde. Microsoft versuche mit allen juristischen Mitteln, die einem Weltkonzern zur Verfügung stünden, den fairen und legalen Handel mit gebrauchter Originalsoftware zu unterbinden. In diesem Kampf "David gegen Goliath" werde sich aber letztlich das Recht durchsetzen, und das liege eindeutig auf Seiten von Softwarebilliger.de, so der Geschäftsführer.

Elmar Ewaldt, Geschäftsführer der TYR Holding: "Microsoft versucht, den fairen Handel mit gebrauchter Originalsoftware zu unterbinden.""

(Bild: TYR Holding)

Seit geraumer Zeit zieht Microsoft bereits gegen Gebrauchtsoftware-Händler zu Felde. Vorläufiger Höhepunkt dieser Kampagne war die Microsoft-Pressemitteilung vom 13. März 2012, deren Inhalt nun Gegenstand des Eilverfahrens in Hamburg war. Darin hatte Microsoft explizit vor dem Kauf von gefälschter Marken-Software bei dem Onlinehändler softwarebilliger.de gewarnt – eine Darstellung, die die TYR Holding vehement bestritt. Geschäftsführer Ewaldt, warf Microsoft vor, mit dieser Aktion lediglich den legalen Handel mit gebrauchter Originalsoftware unterbinden zu wollen.

Diese Äußerung brachte Dr. Swantje Richters, die Justiziarin von Microsoft Deutschland, in Rage: Im Unternehmensblog kündete sie an, dass Microsoft aufgrund dieser Behauptung nun beim Landgericht Frankfurt die Verhängung eines empfindlichen Ordnungsgelds beantragt habe. Zudem habe Microsoft jetzt auch Klage gegen die TYR Holding und ihren Geschäftsführer erhoben. "Ob ein Datenträger nun von einem autorisierten Presswerk hergestellt wurde oder von einem Presswerk, dass keine Lizenz hat", könne Microsoft schließlich selbst am besten beurteilen, lehnte sich die Microsoft-Justiziarin aus dem Fenster – möglicherweise zu weit, wie die jetzt ergangene Verfügung nahe legt.

Der Streit um den Verkauf von gebrauchter Software ist damit noch längst nicht entschieden. Mit der einstweiligen Verfügung hat sich der Gebrauchtsoftware-Händler etwas Luft verschafft. Microsoft kann dagegen Widerspruch einlegen und darüber hinaus ein Hauptverfahren anstrengen. Zudem sagt die Verfügung wenig über die Erfolgsaussichten in der grundsätzlichen Auseinandersetzung um den Verkauf gebrauchter Software aus. Hier geht es im Kern um die Frage, ob sich Microsoft mit seiner vor allem auf das Markenrecht gestützten Überzeugung durchsetzen kann, dass das Wiederinverkehrbringen gebrauchter OEM-Software durch Gebrauchtsoftware-Händler grundsätzlich die Rechte von Microsoft verletzt. Microsoft spricht im aktuellen Streit mit Softwarebilliger von "Fälschungen", obwohl es sich bei den beanstandeten Datenträgern und Echtheitszertifikaten üblicherweise um OEM-Produkte handelt, die von einem ausgemusterten Rechner entfernt wurden.

[Update: Die Durchsuchung der Geschäftsräume des Vorläufers von Softwarebilliger.de und die Beschlagnahme von Datenträgern im August 2011 wurde vom Landgericht Berlin für rechtswidrig erklärt.] (gs)