Kontroverse Diskussion um öffentliche Datenbank für Sexualstraftäter

Der sächsische Innenminister fordert eine über das Internet abrufbare Sexualstraftäter-Datenbank, in der auch die Wohnorte verzeichnet sind. Die Gewerkschaft der Polizei sieht darin aber einen "eklatanten Verstoß gegen die Verfassung".

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Von
  • Detlef Borchers

Der Vorschlag des sächsischen Innenministers Albrecht Buttolo (CDU) nach Einführung einer bundesweiten, öffentlich zugänglichen Datenbank aller Sexualstraftäter wird kontrovers diskutiert. Buttolo hatte nach US-amerikanischem Vorbild eine über das Internet abrufbare Datenbank gefordert, die unter anderem den Wohnort der Täter enthalten soll. Mit einer solchen Datenbank könnten Eltern ihre Kinder besser schützen, begründete Buttolo seinen Vorschlag. Das elterliche Sorgerecht müsse Vorrang vor dem Schutz der Privatsphäre rechtskräftig verurteilter Sexualstraftäter haben, so der Minister zu seinem Vorschlag. Auch müsse das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung bei Sexualstraftätern eingeschränkt werden, damit die Polizei in der Lage ist, über ein erweitertes Betretungsrecht jederzeit die Wohnung eines Verurteilten ohne Durchsuchungsbeschluss inspizieren zu können.

Buttolos Vorschläge sind Teil einer Debatte, mit der Politiker auf den Sexualmord an einem Jungen in Leipzig reagieren, bei dem der mutmaßliche Mörder bereits fünf Mal wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden ist. Neben dem sächsischen Innenminister hat bereits der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) Konsequenzen angekündigt. Gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung erklärte Schünemann, dass Niedersachsen eine neue Sexualstraftäterdatenbank aufbauen werde, in der erweiterte Informationen neben der Kriminalakte gespeichert werden sollen. Dazu gehören laut Schünemann die Aufenthalts- und Arbeitsdaten, aber auch Freizeitaktivitäten eines Sexualstraftäters. "Die Polizei kann ihn auf Grundlage dieser Datei viel besser überwachen, regelmäßig kontrollieren und sich nach seinen Lebensumständen erkundigen", erklärte der Minister gegenüber der Zeitung. Die niedersächsische Variante soll nach Vorstellung von Schünemann allerdings eine geschlossene Datei nur für die Polizei sein, bei der die Staatsanwaltschaft entscheiden müsse, welcher Täter in die Datenbank aufgenommen werden muss.

Buttolos Vorschlag einer öffentlichen Straftäterdatenbank wird von etlichen Stellen kritisiert. Der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig erklärte, dass eine solche Datenbank schlicht verfassungswidrig sei. Buttolos Kollege, der sächsische Justizminister Geert Mackenroth (CDU), wandte ein, dass die Veröffentlichung von Namen und Adressen von Straftätern im Internet die Sicherheit nicht erhöhe, weil die Täter mobil seien. Die Grünen im sächsischen Landtag meldeten Bedenken an, dass über eine solche Datenbank Straftäter sozial ausgegrenzt werden können und dann erst recht wieder rückfällig werden können. Die Gewerkschaft der Polizei nannte in ihrer Stellungnahme den Vorschlag des "An-den-Pranger-Stellens" einen "eklatanten Verstoß gegen die Verfassung". Auch die vom sächsischen Innenminister geforderte Ausweitung der DNA-Datei wird von der Polizeigewerkschaft abgelehnt: DNA-Analysen müssten wie erkennungsdienstliche Maßnahmen gehandhabt werden. (Detlef Borchers) / (jk)