US-Kongress will Geheimhaltung von Patentanträgen ausweiten

Im US-Kongress gibt es Pläne, nach denen Patentanträge künftig auch geheim gehalten werden sollen, wenn sie die nationale wirtschaftliche Sicherheit betreffen. Weiterhin sollen generell nur noch Zusammenfassungen der Patente veröffentlicht werden.

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Der US-Kongress möchte mehr Patentanträge geheim halten als bisher. Neben den schon jetzt unter Verschluss gehaltenen Anträgen auf Patente, die die "nationale Sicherheit" betreffen, könnten auch jene geheim gehalten werden, die die "nationale wirtschaftliche Sicherheit" betreffen. Von anderen Patentanträgen könnten nur noch Zusammenfassungen das Licht der Öffentlichkeit erblicken.

Patentanträge werden frühestens 18 Monate nach Einreichung veröffentlicht. Sofern keine Expressgebühr entrichtet wird, dauert die Patenterteilung aber im Schnitt drei Jahre. In der dazwischenliegenden Zeit könnten es die im Antrag enthaltenen Informationen ausländischen Konkurrenten ermöglichen, die zum Patent angemeldete "US-Technologie zu umgehen und Märkte zu erobern, bevor der US-Erfinder Kapital auftreiben und sich den Markt sicher kann." So steht es in einem Bericht (PDF-Datei) des Kongress-Unterausschusses für Handel, Justiz Wissenschaft und verwandte Behörden aus dem Juli 2011.

Das Gremium hat das US Patent- und Markenamt (USPTO) angewiesen, in Abstimmung mit anderen Behörden die Kriterien und Abläufe rund um patentierbare Erfindungen, die die nationale Sicherheit betreffen, zu überarbeiten. Neu ist, dass dabei auch die "wirtschaftliche Sicherheit" eine Rolle spielt. Der Unterausschuss des Kongresses möchte, dass die Vereinigten Staaten die "ersten Vorteile" von im Inland entwickelten Innovationen genießen, um "die heimische Entwicklung, zukünftige Innovationen und die fortwährende wirtschaftliche Expansion" zu sichern.

Am Freitag hat das Patentamt dazu eine öffentliche Konsultation eingeleitet. Insgesamt werden 17 konkrete Fragen gestellt, zu denen sich die Behörde neutral erklärt. Die Antworten sollen später veröffentlicht werden.

Im Zentrum steht die Frage, ob die US-Regierung neue Vorschriften in Anlehnung an jene über Patente mit Bezug zur nationalen Sicherheit erlassen soll. "Dieses neue Verfahren würde einen Geheimhaltungsbefehl einführen, der Antragstellern die Preisgabe von Angelegenheiten untersagt, die als der nationalen wirtschaftlichen Sicherheit abträglich erachtet werden", und zwar für eine so lange Zeit wie es "nationale Interessen erfordern."

Bisher werden alle Anträge auf US-Patente auf mögliche negative Auswirkungen auf die nationale Sicherheit überprüft. Das Verteidigungsministerium und andere Regierungseinrichtungen können dann einen Geheimhaltungsbefehl erlassen, der ein Jahr gültig ist und unbegrenzt oft erneuert werden kann. Eine solche Anordnung kann auch Exportverbote nach sich ziehen.

Ein betroffener Erfinder kann zwar gegen die Anordnung Berufung einlegen, aber nicht bei einem unabhängigen Gericht, sondern beim Wirtschaftsminister. Befinden sich die USA im Krieg oder gibt es sonst eine nationale Notsituation, bleiben diese Geheimhaltungsbefehle ohne ausdrückliche Erneuerung in Kraft.

Die einschlägigen Regierungseinrichtungen und mehrere Gesetze machen Vorgaben, welche Patentanträge geheim zu halten sind. So werden etwa nach dem Atomenergiegesetz aus 1954 grundsätzlich alle Nukleartechnologie-Erfindungen unter Verschluss gehalten. Dazu gesellen sich ein Gesetz zur Kontrolle von Waffenexporten aus 1968 und der berüchtigte National Defence Authorization Act aus 1984. Auch das Exportverwaltungsgesetz aus 1979 wird noch angewandt. Es ist zwar eigentlich im August 2001 außer Kraft getreten, bleibt seither aber durch jährlich erneuerte Notfalldekrete des jeweiligen Präsidenten wirksam.

Wird ein Patentantrag zur Verschlusssache erklärt, kann der Patentantrag nicht veröffentlicht und auch das Patent nicht erteilt werden. Gleichzeitig wird es illegal, im Ausland um Patentschutz anzusuchen. Sollte nach mehr als einem Jahr der Befehl aufgehoben oder eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, kann der Erfinder zwar um ausländische Patente ansuchen, verliert aber den für den Monopolschutz womöglich entscheidenden historischen Stichtag und wird neu gereiht. Wird Geheimhaltung über einen Antrag auf ein internationales Patent angeordnet, kann das überhaupt zum Verfall des Patentantrags führen.

Abgesehen davon kann ein Erfinder selbst die Geheimhaltung seines Patentantrags verlangen. Vereinfacht gesagt muss er dabei zusagen, keinen Patentschutz im Ausland anzustreben.

Darüber hinaus überlegt der Unterausschuss, generell nur noch Zusammenfassungen veröffentlichen zu lassen. Damit stünde das US-Patentsystem vor einem grundlegenden Wandel. Der Monopolschutz eines Patents wurde als Belohnung für die Veröffentlichung von Erfindungen eingeführt. Da nach Ablauf der Schutzfrist eine Erfindung frei nutzbar wird, trägt ihre Öffentlichkeit potenziell zum technischen Fortschritt zum Nutzen der Gesellschaft bei.

In Deutschland kann für Patente, die Staatsgeheimnisse beinhalten, Geheimhaltung angeordnet werden. Zuständig für das Verfahren ist das "Büro 99" des Deutschen Patent- und Markenamtes. Geheimpatente können erteilt, aber nicht veröffentlicht werden. Sie werden in einem eigenen Register geführt. Der Patentinhaber hat unter Umständen Anspruch auf Entschädigung, zumal die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Erfindung eingeschränkt ist. Verstöße gegen die Geheimhaltungspflicht können eine Straftat darstellen. (mho)