FBI will zweijährige Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür

Die US-Polizeibehörde hat beim Kongress eine Ausgleichssumme in Höhe von fünf Millionen US-Dollar pro Jahr für eine mindestens 24-monatige Vorhaltung von Telefon- und Internetdaten beantragt, obwohl eine Gesetzesgrundlage fehlt.

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Das Federal Bureau of Investigation (FBI) hat beim Kongress eine Ausgleichssumme in Höhe von fünf Millionen US-Dollar pro Jahr für eine mindestens 24-monatige Vorhaltung von Telefon- und Internetdaten durch Telekommunikationsanbieter beantragt. Dies berichten die Washington Post und der TV-Sender ABC. Für Wirbel sorgt die finanzielle Forderung vor allem, weil es in den USA im Gegensatz zur EU noch keine gesetzliche Verpflichtung zur verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten auf Vorrat gibt. Datenschützer und Bürgerrechtler fürchten daher die Einführung der Protokollierung der elektronischen Nutzerspuren durch die Hintertür.

Insbesondere US-Justizminister Alberto Gonzales hat Telekommunikatikonsanbieter wiederholt aufgefordert, freiwillig Verbindungs- und Standortdaten auf längere Zeit vorzuhalten. Er will seit längerem dafür auch eine gesetzliche Basis schaffen, wobei entsprechende Gesetzesentwürfe im US-Kongress aber noch nicht weit gekommen sind. Als Aufhänger diente Gonzales bei seinen Forderungen bislang vor allem die Bekämpfung von Kinderpornographie. Bei den bisherigen, mit dem FBI weitgehend abgestimmten Überlegungen des Justizministers ging es um eine Speicherfrist von zwei Jahren.

Die verdachtsunabhängige Aufbewahrung der Telefon- und Internetdaten hält das FBI nun für die Terrorbekämpfung für erforderlich. Ein Sprecher der Polizeibehörde stellte im Rahmen der Debatte über die Einführung der Vorratsdatenspeicherung in den USA zudem klar, dass man nicht wahllos in den anfallenden Datenberge schürfen wolle. Vielmehr solle ein Zugriff von Sicherheitsbehörden mit einer gerichtlichen Anordnung oder Behördenanweisungen in Form der missbrauchanfälligen "National Security Letters" möglich sein. Die Provider müssten dafür ein effizientes elektronisches Auskunftssystem entwickeln, wofür eine Entschädigung ins Auge zu fassen sei. Momentan schlägt die nach dem 11. September 2001 verstärkt genutzte Abfrage von Verbindungs- und Standortdaten, die Provider im Rahmen ihrer üblichen Geschäftspraktiken bereits aufbewahren, gemäß Regierungsangaben mit rund 1,8 Millionen US-Dollar pro Jahr zu Buche.

Auch in den USA ist die Vorratsdatenspeicherung aber insgesamt heftig umstritten. US-Bürgerrechtler sehen gerade große Telekommunikationsanbieter seit langem als eifrige Gehilfen der staatlichen Überwacher und die Hürden zur Bespitzelung der Nutzer nicht hoch genug angelegt. Durch die formelle Forderung des FBI nach einer Ausgleichszahlung für eine gesetzlich gar nicht geregelte Maßnahme sehen sie nun zudem das Parlament und das Recht ausgehebelt. Michael German, Justizexperte bei der American Civil Liberties Union (ACLU) bezeichnete es als "empörend", dass anscheinend die Verfassungsrechte mit einer Bezahlung der Hortung der Telefon- und Internetdaten umgangen werden sollen. Besonders umstritten ist auch die vom FBI befürwortete Einrichtung eines automatisierten Auskunftssystems. Das würde Datenschutzexperten zufolge eine "sehr attraktive Fundgrube" für die Sicherheitsbehörden und vermutlich wohl auch für private Firmen im Rahmen von zivilrechtlicher Verfahren etwa um Urheberrechtsverletzungen schaffen.

Auf dem alten Kontinent sollen die Telekommunikationsanbieter gemäß einer EU-Richtlinie künftig Telefon- und Internetdaten für einen Zeitraum zwischen sechs und 24 Monaten aufbewahren. Die Bundesregierung hat in ihrem heftig umstrittenen Entwurf zur Umsetzung der Vorgaben eine halbjährige Datenaufbewahrung vorgeschlagen. Eine Entschädigung der betroffenen Unternehmen ist trotz heftiger Proteste von Branchenverbänden aber nicht geplant. Stark umkämpft ist auch die Frage, inwieweit etwa Rechtehalter auf dem zivilrechtlichen Weg im Rahmen der besseren Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte – möglicherweise ohne Richtervorbehalt – auf die Vorratsdaten zugreifen dürfen.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die etwa beim Telefonieren im Fest- oder Mobilfunknetz und bei der Internet-Nutzung anfallen, siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

(Stefan Krempl) / (jk)