RoboCup Dutch Open: Magma Offenburg steht kurz vorm Finale

Außer Roboterfußball gab es in Eindhoven neben Wettbewerben für (eher enttäuschende) Haushaltsroboter auch die wohl zuschauerfeindlichste Liga, die Rescue Agent Simulation League. Dabei geht es hier - zumindest in der Simulation - um Leben und Tod.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Am vorletzten Tag der RoboCup Dutch Open in Eindhoven zeichnen sich bereits deutlich die Favoriten ab. Dominiert wird das Turnier weiterhin von den Fußball-Robotern der Middle Size League. Hier sieht alles nach einem Durchmarsch des klaren Favoriten Tech United aus, der bislang nur zwei Gegentreffer kassiert und kein einziges Spiel verloren hat. Die stärksten Konkurrenten sind MRL vom iranischen Mechatronics Research Laboratory und Cambada von der portugiesischen University of Aveiro. Gegen beide wird es heute am späteren Nachmittag noch Gruppenspiele geben.

Ähnlich wie Tech United versucht auch Cambada, die für den Roboterfußball entwickelten Technologien im Wettbewerb RoboCup@home für Haushaltsroboter anzuwenden. Im Rahmen der "Open Challenge", bei der die Teams jeweils fünf Minuten Zeit für frei gewählte Demonstrationen ihrer Roboter haben, zeigten die Portugiesen, wie ihr Roboter durch die Wohnumgebung fuhr. Dabei verglich er die mit seinen Sensoren wahrgenommenen Objekte kontinuierlich mit der vorab erstellten Karte der Wohnung und konnte seine Position so recht präzise und zuverlässig bestimmen. Die Überprüfung der internen Karte konnte allerdings nicht in Echtzeit auf dem Monitor verfolgt werden, dort lief stattdessen die Aufzeichnung einer früheren Fahrt. Das schwächte dann doch etwas die Überzeugungskraft der Demo.

Robocup Dutch Open (5 Bilder)

Auf Abwegen

Sieht gut aus, kam aber im entscheidenden Moment vom Weg ab: der Haushaltsroboter vom Team Tech United.

Aber immerhin fuhr der Roboter und das auch noch recht geschmeidig. Der Haushaltsroboter von Tech United dagegen schaffte es gar nicht erst bis zu dem Tisch, auf dem drei Becher umgedreht bereit standen. Eigentlich sollte der Roboter zeigen, wie er den Bewegungen eines Hütchenspielers folgen und die einzelnen Becher identifizieren kann, auch wenn sie hin und her geschoben werden. Aber bevor es dazu kommen konnte, waren die fünf Minuten um. Auch die Roboter der beiden anderen Teams, Borg und Delft Robotics, machten keine wesentlich bessere Figur, sodass die Punkte in erster Linie für die Ideen vergeben wurden, weniger für die Ausführung.

Ebenso enttäuschend verlief der Restaurant-Test, bei dem die Roboter zunächst verschiedene Getränke und Speisen auf einem Tisch erkennen und später, je nach Wunsch der Restaurantgäste, zu anderen Tischen bringen sollten. Lediglich der Borg-Roboter schaffte es, seinem menschlichen Betreuer immerhin bis zum ersten Tisch zu folgen, verlor dann aber den Kontakt. Cambada, das andere Team, das bei diesem Wettbewerb überhaupt antrat, musste aufgeben, weil die Spracheingabe des Roboters versagte. Die Zuschauer, die sich in das kleine Restaurant des Sportzentrums gedrängt hatten, applaudierten trotzdem.

Weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit fanden bislang die Simulationswettbewerbe statt. Heute wurden immerhin einige Spiele auf die Monitore im Foyer des Sportzentrums übertragen. Insbesondere die 3-D-Fußballsimulation könnte dabei durchaus ein paar Zuschauer gefunden haben, schließlich kommt es hier immer wieder zu ansehnlichen Begegnungen. Auf einem 20 mal 30 Meter großen Feld spielen elf gegen elf humanoide Nao-Roboter, was von den Größenverhältnissen her dem menschlichen Fußball schon recht nahe kommt: Mit 60 Zentimetern haben die Roboter ungefähr ein Drittel der menschlichen Körpergröße, die Ausdehnungen des Spielfelds entsprechen ebenfalls etwa einem Drittel realer Fußballfelder.

Zwar stürzen die virtuellen Roboter noch ziemlich häufig, ebenso wie ihre realen Geschwister, zeigen aber auch immer wieder schöne Dribblings und Pässe. FC Portugal 3D führte am Samstagmorgen die Tabelle an, konnte aber inzwischen von Magma Offenburg geschlagen werden, die auch den anderen Rivalen Bold Hearts bezwangen. Damit ist für Offenburg erstmals der Einzug ins Finale eines großen RoboCup-Turniers in Reichweite gerückt. Dabei dürfte eine neue Lauftechnik geholfen haben, bei der der vorletzte Schritt vor Erreichen des Balles etwas versetzt ausgeführt wird, um den Roboter schneller in Schussposition zu bringen.

Wenn es beim RoboCup einen Wettbewerb um die zuschauerfeindlichste Liga gäbe, hätte wohl die Rescue Agent Simulation League die besten Chancen auf den Titel. Dabei geht es hier um Leben und Tod: Softwareagenten versuchen, nach einem Erdbeben die Ausbreitung von Feuer zu verhindern und möglichst viele Überlebende zu bergen. Doch was zu sehen ist, sind rote, blaue, weiße und grüne Punkte, die sich auf einem Stadtplan hin und her bewegen, während Gebäude langsam ihre Farbe verändern. „Je kräftiger die Gebäude rot eingefärbt sind, desto stärker brennen sie“, erläutert Moritz Göbelbecker von der Universität Freiburg, der den Wettbewerb der Rettungssimulation leitet. „Die beweglichen roten Punkte stellen Feuerwehrfahrzeuge dar, die versuchen, die Ausbreitung des Feuers einzudämmen. Die grünen Punkte sind Zivilisten, die von weißen Sanitätern gerettet werden, während die blauen Polizisten die Straßen freihalten.“

Je mehr Zivilisten gerettet werden, desto höher ist am Ende die Punktzahl. Wichtig ist die richtige Kommunikationsstrategie: Werden die Aktionen der Agenten zentral koordiniert oder können die dezentral vor Ort entscheiden? „Für die Teilnehmer ist es oft sehr spannend, dem Geschehen auf dem Bildschirm zuzusehen“, sagt Göbelbecker. Für das Finale am Sonntag soll der Stadtplan von Eindhoven verwendet werden. Das zeigt auf jeden Fall eins: Die Organisatoren der RoboCup Dutch Open bemühen sich um ihre Zuschauer, selbst bei einem so zähen Wettbewerb wie der Rescue Agent Simulation. (jk)