Einzahlungen auf Zeitwertkonto dürfen nicht versteuert werden

Wer nicht nur Überstunden, sondern auch Arbeitslohn auf Zeitwertkonten spart, muss diesen dennoch versteuern. Wenn es nach dem Hessischen Finanzgericht geht, hat diese Praxis bald ein Ende.

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Von
  • Marzena Sicking

Wer es sich leisten kann und einen Arbeitgeber hat, der mitmacht, kann nicht nur Überstunden, sondern auch Teile seines Arbeitslohns über ein sogenanntes Zeitwertkonto ansparen. Dabei wird der Lohn nicht ausgezahlt, sondern nur betragsmäßig erfasst. Ausgezahlt wird das Wertguthaben, wenn sich der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Dienstverhältnis voll oder teilweise vom Job freistellen lässt. Der Vorteil: Das Geld fließt weiter, auch wenn der Arbeitnehmer eine Auszeit nimmt. Manche Arbeitnehmer nutzen diese Möglichkeit, um bei voller Bezahlung ein Sabbatical zu nehmen oder früher in Rente zu gehen.

Zahlt ein Mitarbeiter Arbeitslohn auf ein solches Zeitwertkonto ein, dann darf dies im Einzahlungsjahr vom Finanzamt nicht als zu versteuernder Arbeitslohn behandelt werden. Das hat das Hessische Finanzgericht in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden (Urteil vom 19. Januar 2012, Az. 1 K 250/11).

In dem verhandelten Fall war der Mitarbeiter die Gesellschafterin einer GmbH, die auch als Geschäftsführerin der Firma angestellt war. Sie hatte mit der GmbH 2008 die Ansammlung von Wertguthaben auf einem Zeitwertkonto vereinbart. 2009 wollte das Finanzamt auf die entsprechenden Einzahlungen Einkommensteuer erheben. Begründet wurde dies unter anderem auch damit, dass die Geschäftsführerin nicht nur Arbeitnehmerin, sondern auch "Organ der Gesellschaft" sei und deshalb bereits die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto als Zufluss von Arbeitslohn zu sehen sei.

Das sah das Hessische Finanzgericht anders. Die Einzahlungen auf dem Zeitwertkonto der Klägerin seien gemäß §§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) im Streitjahr 2009 nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen, so das Urteil.

Als angestellte Geschäftsführerin beziehe die Klägerin nachweislich Erträge aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Entscheidend sei außerdem, wann der Arbeitslohn tatsächlich ausgezahlt wurde. Dies sei 2009 nicht der Fall gewesen. Sie habe die Beträge weder in bar erhalten, noch seien sie auf einem Bank-Konto für sie gutgeschrieben worden. Sie habe auch nicht über die Beträge auf dem Zeitwertkonto verfügen können. Vielmehr sei vertraglich sogar festgelegt, dass das Guthaben erst zum Zeitpunkt einer Freistellung ausgezahlt werden dürfe. Die Bilanzierung der Beträge durch die GmbH führe nicht zu einem Zufluss und dürfe daher auch nicht so versteuert werden.

Leider hat das Urteil noch keine praktischen Auswirkungen. Denn das Gericht hat die Revision vor dem Bundesfinanzhof zugelassen. Wer das Problem aus eigener Erfahrung kennt, sollte dennoch vorbeugen und gegebenenfalls Einspruch gegen einen solchen Steuerbescheid erheben. Denn die Finanzämter sind zwar verpflichtet, Steuerbescheide zu ändern, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, die zu einer niedrigen (oder auch einer höheren) Steuer führen. Ein Urteil, auch wenn es vom Bundesfinanzhof kommt, wird aber nicht automatisch als "neue Tatsache" gewertet. (gs)
(masi)