Apples Wegwerf-Strategie

Was ist Eleganz wert, wenn sie Dreck produziert? Diese Frage muss sich Apple nach seiner neuesten Entscheidung gefallen lassen.

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Von
  • Robert Thielicke

Was ist Eleganz wert, wenn sie gleichzeitig mehr Dreck produziert? Diese Frage muss sich Apple nach seiner neuesten Entscheidung gefallen lassen.

Ende vergangener Woche gab das Unternehmen bekannt, seine Produkte nicht mehr nach dem wichtigen US-Umweltlabel EPEAT zu zertifizieren – das immerhin unterstützt wird von der Umweltbehörde EPA. So jedenfalls berichtet es Robert Frisbee, CEO der Zertifizierungsagentur, dem Wall Street Journal-Ableger CIO. Grund war wohl folgende Passage in den Richtlinien: Hersteller müssen gewährleisten, dass ihre Produkte leicht auseinanderzunehmen sind, um beispielsweise giftige Komponenten wie Batterien abzutrennen. Die Geräte mit normalen Werkzeugen unter möglichst geringem Aufwand zerlegen zu können, ist darüber hinaus für das Recycling wertvoller Metalle entscheidend.

Apple macht dem nun einen dicken Strick durch die Rechnung. Den Grund nennt das Unternehmen zwar nicht, er dürfte aber wohl sein, dass die neuen Produkte wie das MacBook Pro mit Retinadisplay diese Bedingungen schlicht nicht mehr erfüllen können. Die Batterien sind unzugänglich verstaut, das Display eingeklebt. Das hat zwei Folgen: Eine Reparatur ist quasi unmöglich, der Nutzer muss also hoffen, dass nichts kaputt geht – will er nicht nach zwei Jahren einen neuen Computer kaufen. Für die Umwelt dagegen ist nicht viel zu hoffen.

Eine aktuelle Hochrechnung von Forschern der an die Vereinten Nationen angegliederten United Nations University hat ergeben: Der Anteil an Gold und Silber in allen jährlich produzierten PCs, Mobiltelefonen oder Tablets liegt bei 7800 Tonnen. Aber nur 15 Prozent davon werden zurückgewonnen. Dass dabei Rohstoffe mit einem Wert von 21 Milliarden Dollar auf der Müllhalde landen, ist aus wirtschaftlicher Sicht erschreckend. Mindestens ebenso erschreckend aber ist, dass Edelmetalle nicht weiter verwendet werden, deren Abbau dramatische Folgen für die Umwelt besitzt. Die Apple-Entscheidung wird die Lage mit Sicherheit nicht verbessern.

Jahrelang hat sich das Unternehmen viel Mühe gegeben, seine Geräte möglichst umweltverträglich herzustellen. Es hat einiges unternommen, um etwa giftige Substanzen während der Produktion zu vermeiden. Nun scheint das Interesse am Umweltschutz in den Hintergrund zu treten. Apple verzichtet nicht nur für seine neuesten Produkte auf das EPEAT-Siegel, sondern zieht es auch von allen bereits auf dem Markt befindlichen Geräten zurück. Es soll nicht auffallen, dass die neue Generation ein Rückschritt ist. Der Grund: Ein wenige Millimeter dünneres MacBook. Die Frage: Sind wenige Millimeter den Dreck wert?

Die Frage wird das Unternehmen stärker beschäftigen als ihm lieb sein kann. In den USA haben sich viele öffentlich finanzierte Einrichtungen selbst dazu verpflichtet, nur jene Computer anzuschaffen, die ein EPEAT-Siegel tragen. Die Stadtverwaltung von San Francisco hat bereits angekündigt, keine Macs mehr zu kaufen. (rot)