Schleswig-Holsteins Innenminister weist Kritik der Datenschützer zurück

Mit der Aussage "Thilo allein zu Haus" versucht der Minister in einer Mitteilung, den Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz zu isolieren - offenbar vergeblich.

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"Das ist eine verkehrte Welt, in der Thilo Weichert allein lebt." Mit dieser Aussage schleudert der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner die Kritik des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) am Enwurf für ein neues Polizeirecht zurück. Stegner findet diese "maßlos überzogen". Der Datenschützer tue so, als gehe von der Polizei grundsätzlich eine Bedrohung der Bürgerrechte aus, heißt es in einer Mitteilung der Landesregierung mit dem Titel "Thilo allein zu Haus". Das ULD hatte gestern eine ausführliche Stellungnahme zum angestrebten Polizeirecht veröffentlicht, in der es unter anderem hieß, es sehe Befugnisse vor, "die mit der klassischen Aufgabe der Polizei, konkrete Gefahren abzuwehren, nichts mehr zu tun haben".

Stegner begründete den von der Landesregierung im November 2005 beschlossenen Gesetzentwurf eines neuen Polizeirechts bei dieser Gelegenheit mit "aktuellen und künftigen Herausforderungen". "Die Polizei muss auf neue Formen schwerer Kriminalität und auf Entwicklungen der alltäglichen Straßenkriminalität besser reagieren können.". Der Gesetzentwurf stehe in der schleswig-holsteinischen Tradition eines Ausgleichs zwischen Polizeirecht und Bürgerrechten. "Wir schwächen nicht die Bürgerrechte, sondern erhöhen für die Kriminellen das Risiko, entdeckt und bestraft zu werden", sagte Stegner. Man könne nicht der Polizei Befugnisse verweigern mit der pauschalen Begründung, die Polizeibeamten könnten ihre Rechte ja missbrauchen.

Stegner wirft Weichert vor, mit seiner Kritik in der konkreten Abwägung die Persönlichkeits- und Freiheitsrechte von Störern im Konfliktfall höher zu bewerten als den Schutz der Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen. Der Minister wies die Behauptung des Datenschutzbeauftragten zurück, das Gesetz werde voraussichtlich in weiten Bereichen einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten.

Das ULD antwortet heute auf die Kritik an der Kritik mit leicht ironischem Unterton. In einer Mitteilung, betitelt mit "Thilo nicht allein zu Haus!", heißt es, "Innenminister Stegner irrt, wenn er meint, dass der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Dr. Thilo Weichert, mit seiner Kritik am geplantem Polizeirecht 'allein zu Haus' wäre." Als Beleg wird auf der Website ein Bild mit ULD-Mitarbeitern verlinkt. Außerdem verweist das ULD auf Pressemitteilungen der schleswig-holsteinischen Oppositionsparteien FDP (PDF-Datei), SSW (PDF-Datei) und Grüne (PDF-Datei).

Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki, meint: "Wer aber wie Herr Dr. Stegner darüber hinaus anscheinend versucht, den unabhängigen Landesbeauftragten für den Datenschutz mit der Überschrift 'Thilo allein zu Haus' lächerlich zu machen, muss sich fragen lassen, ob er die Befähigung zu einem Ministeramt überhaupt besitzt." Während die Grünen in das vom ULD gespielte Horn stoßen, wirft der SSW der Koalitionspartei SPD vor, liberale Innenpolitik aufzugeben, ohne rot zu werden. Der Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Klaus-Peter Puls betont hingegen, der Polizei müsse "für ihre verantwortungsvolle und gefährliche Arbeit auch zu ihrem eigenen Schutz alle verfügbaren rechtlichen und technischen Möglichkeiten an die Hand gegeben werden. Wer der Polizei unterstellt, sie könne Eingriffsbefugnisse missbrauchen, diskriminiert den ganzen Berufsstand", lautet es auf einer Linie mit dem Innenminister.

Siehe dazu in Telepolis: (anw)