Französischer Innenminister will Privatkopie stärken

Im Streit um die Urheberrechtsreform in Frankreich hat sich das Innenministerium mit Verbänden auf sieben Kompromissprinzipien geeinigt, die im Februar im Abgeordnetenhaus und Senat beraten werden sollen.

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Im heftigen Streit um die Urheberrechtsreform in Frankreich hat sich der französische Innenminister Nicolas Sarkozy mit Verbänden und Unternehmensvertretern auf sieben Kompromissprinzipien geeinigt. Sie sollen als Grundlage für die Fortsetzung des vor Weihnachten unterbrochenen Gesetzgebungsverfahrens dienen, das gemäß französischen Medienberichten mit weiteren Beratungen in der Nationalversammlung sowie im Senat erst im Februar wieder aufgenommen werden soll. Zu den wichtigsten Punkten, auf die sich die Teilnehmer des Gesprächs einigen konnten, gehört der garantierte Zugang zu urheberrechtlich geschützten und legal erworbenen Werken für private Zwecke. Dieser könnte aber wohl letztlich nur durch einen Verzicht auf Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) gesichert weden. Eine genaue Regelung steht in diesem Bereich noch aus.

Vereinfacht werden soll gemäß den Absprachen, die das französische Online-Magazin Ratiatum kommentiert, auch der kostenlose Tausch von Werken via Filesharing, wenn deren Urheber dies befürworten. Die Verwertungsgesellschaften müssten dazu die vertraglichen Fesseln bei ihren Mitgliedern lockern und die Verbreitung von Werken übers Internet erlauben. Bei einem solchen Vorstoß ginge es etwa darum, bisher bestehende Unvereinbarkeiten zwischen den Bedingungen der Verwertungsgesellschaften und neuen Lizenzmodellen wie Creative Commons auszuräumen, bei denen sich der Urheber nicht alle seine Rechte vorbehält. Illegale Downloads aus Tauschbörsen sollen aber weiter bekämpft werden. Dabei helfen soll vor allem die Verbesserung der legalen Angebote der Unterhaltungsindustrie, die laut der Einigung umfangreicher, billiger und innovativer werden müssen.

In den Gesprächen im Innenministerium, an denen unter anderem Abgesandte von Universal Music, vom Verbraucherschutzverband UFC – Que Choisir oder des legalen P2P-Musikanbietes Jamendo teilnahmen, wurde ferner ein Prinzip zur Aufrechterhaltung der Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und Abspielgeräten vereinbart. Konkrete Vorschriften zur Erzwingung von Kompatibilität etwa zwischen den Musikplattformen von Apple oder Microsoft soll es zwar nicht geben, ein Verbot proprietärer Formate scheint aber noch nicht ganz vom Tisch zu sein. Dazu kommt die Aufforderung, insbesondere auch Nutzer freier Software von legalen Download-Angeboten nicht auszusperren. Innovativen Formen zur Inhalteverbreitung wie Webradios sollen zudem keine Steine in den Weg gelegt werden.

Die Prinzipien bleiben teilweise hinter den bisherigen Beschlüsse der Abgeordneten zurück, die noch vom Senat geprüft werden müssen. Die Mehrheit der Parlamentarier hatte sich in einer nächtlichen und nur noch schlecht besuchten Sitzung vor Weihnachten für die vollständige Legalisierung von Tauschbörsen durch die Einführung einer Pauschalabgabe in Form der auch in Deutschland diskutierten Kulturflatrate ausgesprochen. Die Kompromisslinie des Innenministers, der auch Präsident der konservativen Regierungspartei UMP ist, geht aber deutlich über die vergleichbare Urheberrechtsreform hierzulande hinaus. So hat der Bundestag etwa die Umgehung von Kopierschutztechniken fürs private Kopieren untersagt. In den Plänen zur zweiten Stufe der Novelle zeichnet sich in Berlin zudem eine weitere Verschärfung des Kulturkampfs gegen Filesharer ab.

In Paris war es das ursprüngliche Anliegen des eigentlich federführenden französischen Kultusministers Renaud Donnedieu de Vabres, Tauschbörsennutzer mit drastischen Strafen von rechtswidrigem Verhalten abzuhalten. Privatkopierer sollten gemäß der jüngsten, bereits leicht entschärften Änderungsanträge bei der Missachtung automatisch erzeugter Warnungen durch die Provider 150 bis 33.000 Euro Strafe im Wiederholungsfall zahlen müssen. Bei Verstößen im gewerblichen Umfeld waren Bußgelder bis zu 300.000 Euro vorgesehen. Zudem sollte der Einbau von DRM in alle digitalen Medien und Netzwerkprotokolle gesetzlich vorgeschrieben werden. Nach lautstarken Protesten zivilgesellschaftlicher Organisationen haben die Abgeordneten dem Ansinnen des Kultusministers jedoch bislang eine Abfuhr erteilt. Neben dem Innenminister versuchte vor kurzem auch Premier Dominique de Villepin die Wogen zu glätten. Er will sich unter anderem dafür einsetzen, fünf digitale Privatkopien weiterhin zu gestatten.

Zu den Diskussionen und juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)