Neuregelung beim Widerruf

Mit der EU-Verbraucherrechterichtlinie sollen die Verbraucherrechte in Europa vereinheitlich werden. Händler in Deutschland müssen sich auf einige Änderungen einstellen.

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Von
  • Marzena Sicking

Die EU-Verbraucherrechterichtlinie muss bis Mitte 2013 in nationales Gesetz umgesetzt werden. Ziel ist eine Vereinheitlichung der Verbraucherrechte in Europa. Das bringt zahlreiche Änderungen im E-Commerce mit sich. Den ersten "Streich" der Richtlinie, die umstrittene "Buttonlösung" hat der deutsche Gesetzgeber bereits mit Wirkung zum 01.08.2012 umgesetzt. Warum Händler sich insbesondere vor den Neuregelungen beim Widerrufsrecht keinesfalls fürchten müssen, erklärt Rechtsanwalt Nicolai Amereller von der IT-Recht Kanzlei in München.

Die deutschen Händler sind zwar nicht die großen Gewinner der EU-Verbraucherrichtlinie, trotzdem wird deren Umsetzung in Deutschland zu einigen erfreulichen Verbesserungen führen. Die wichtigste: Die sogenannte 40-Euro-Klausel des § 357 Abs. 2 S. 3 BGB ist endlich vom Tisch. So haben Verbraucher in Zukunft die Rücksendekosten für ein Produkt selbst zu tragen und zwar unabhängig davon, wie teuer das Teil war. Durch die aktuellen Regelungen werden die Kunden eher verwöhnt: Sie müssen bei der Retoure einer Sache, deren Preis den Betrag von 40 Euro übersteigt die Rücksendekosten in der Regel nicht selbst tragen.

Die 40-Euro-Klausel führte in der Praxis häufig zu Streitigkeiten mit den Verbrauchern. Beispielsweise, wenn es um die Rücksendung mehrerer Produkte ging, deren Gesamtpreis bei über 40 Euro lag, die jeweiligen Einzelpreise aber darunter lagen. Zudem war die 40-Euro-Klausel häufiges Ziel von Abmahnern. Diesen Ärger kann sich der Unternehmer in Zukunft sparen. Allerdings nur, wenn er es nicht versäumt, den Verbraucher ausdrücklich über seine Kostentragungspflicht zu informieren - sonst muss er das Porto für die Retoure nämlich doch wieder selbst bezahlen. Wer das ohnehin weiterhin tun möchte, beispielsweise um einen zusätzlichen Kaufanreiz zu gewähren, kann natürlich entsprechende Angebote unterbreiten. Für alle anderen dürfte die Regelung eine echte Erleichterung sein: Der Anreiz für ,Spontanbestellungen' wird geringer, weil der Verbraucher künftig im Regelfall die Rücksendung selber finanzieren muss und auch bei der Erstattung der Hinsendekosten ggf. Abstriche in Kauf nehmen muss.

Nicolai Amereller ist Rechtsanwalt und arbeitet in der IT-Recht-Kanzlei Rechtsanwälte Keller-Stoltenhoff, Keller in München.

Denn auch bezüglich der Hinsendekosten werden Unternehmer durch die Neuregelungen entlastet werden. Die Richtline bezieht hinsichtlich der Tragung Hinsendekosten im Widerrufsfall erfreulich klar Stellung. Diese sind ausdrücklich vom Unternehmer zu tragen, jedoch mit einer Erleichterung zur bisherigen Rechtslage:

Die Kostentragungspflicht des Händlers diesbezüglich beschränkt sich auf die von ihm angebotene, günstigste Standardlieferung. Bisher musste der Händler bei einem Widerruf dem Verbraucher auch die Kosten für seine Sonderwünsche bei der Lieferung, wie etwa Expresslieferung oder Nachnahmeversand erstatten. Damit ist jetzt Schluss.

Neuland für den Verbraucher sind auch die verschärften zeitlichen Vorgaben, die die Richtlinie im Interesse einer zügigeren Abwicklung des Widerrufs mit sich bringen wird. So hat der Verbraucher die Waren im Falle eines Widerrufs künftig unverzüglich und in jedem Fall spätestens 14 Tage nach Widerruf an den Unternehmer zurückzusenden bzw. zu übergeben. Tut er das nicht fristgemäß, gerät er mit seiner Rückgewährverpflichtung in Schuldnerverzug samt all seinen nachteiligen Konsequenzen. In diesem Fall, so Rechtsanwalt Amereller, ist denkbar, dass der Unternehmer einen Rechtsanwalt auf Kosten des Verbrauchers mit der Durchsetzung seines Rückgewähranspruchs beauftragen darf.

Allerdings werden auch die Regeln für den Händler verschärft: Der hat ab Zugang der Widerrufserklärung ebenfalls nur noch 14 Tage Zeit, dem Verbraucher sein Geld zu erstatten und gerät andernfalls in Schuldnerverzug. Außerdem muss er, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde, die Erstattung mit dem gleichen Zahlungsmittel vornehmen, das der Käufer genutzt hat. Hat dieser das Geld beispielsweise überwiesen, darf der Händler ihm also nicht einfach einen Scheck schicken.

Die neue Regelung bedeutet aber nicht, dass der Händler den Kaufpreis schon erstatten muss, bevor er die Ware zurückerhalten hat. Die EU-Verbraucherrechtrichtlinie räumt ihm ausdrücklich ein Zurückbehaltungsrecht ein. Er kann die Erstattung solange rechtmäßig verweigern, bis er die Ware vom Verbraucher zurück erhält bzw. bis dieser zumindest nachgewiesen hat, die Ware an den Unternehmer abgeschickt zu haben. Das gilt auch, falls die vierzehntägige Rückzahlungsfrist bereits abgelaufen ist. (masi)